Kein Kommentar! : Kanal non grata
US-amerikanische Kabel- und Satellitenbetreiber sehen in ihrem Land „keinen Bedarf“ für das englisch-sprachige al-Dschasira
In den USA kann man im Fernsehen so gut wie alles finden, was das Kabel heute hergibt: Poker-TV, Messer-TV, zahlreiche College-Baseball-Sender, Koch-und Krimisender, Spielfilme, ja, auch Nachrichten. Aber ausgerechnet für al-Dschasira International, den englischsprachigen Ableger des arabischen Nachrichtensenders, soll es im Land des grenzenlosen Mediengedröhnes „keinen Bedarf“ geben. Das zumindest bekamen die Macher des Senders aus Qatar von allen großen Kabelbetreibern in den USA zu hören. Weshalb al-Dschasira International, das seit rund einem Monat auch in Europa und Afrika sendet, in den USA für John-Normalgucker weiterhin nicht zu sehen sein wird.
Dass diese Haltung auch nur entfernt mit dem Verdikt von Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu tun habe, das wiesen die Sprecher der Kabelmarktführer DirectTV und ComCast weit von sich. Rumsfeld hatte des Öfteren gesagt, dass al-Dschasira „hinterhältig, falsch und unentschuldbar“ sei. Den meisten US-AmerikanerInnen gilt al-Dschasira, seitdem es die Videobotschaften Ussama Bin Ladens ausstrahlte, schlichtweg als „Terroristenfernsehen“. Genehm kann die Bilderbotschaft der Araber den US-Führern ohnehin nicht sein. Während am ersten Sendetag von al-Dschasira International alle US-Kabelsender über die Sitzung des Verteidigungsausschusses im Kongress berichteten, beschäftige sich der arabische Sender mit Irans wachsendem Einfluss in der Region, den Folgen israelischer Vergeltungsschläge in Beit Hanum und blutigen Entführungen im Irak.
Wer sich die „andere Perspektive“ in den USA anschauen will, muss sich unter www.english-aljazeera.net einloggen – oder das Glück haben, nahe eines arabischen Stadtviertels zu wohnen. Denn dort läuft in zahlreichen Cafés nun al-Dschasira International als Dauerberieselung – wie andernorts Baseball. Wie das geht? Ein paar Schlupflöcher hat der Doha-Sender, dessen zweitgrößtes Auslandsbüro (nach London) Washington ist, gefunden. Denn über Globecast, der US-Tochterfirma der französischen Telecom, lässt sich al-Dschasira auch in den USA empfangen. Außerdem wagten sich Fision, ein texanischer Regionalsender aus Houston, und JumpTV vor, das von sich selbst sagt, der größte Anbieter von Ethno-TV in den Vereinigten Staaten zu sein.
Dass in den USA der Zeitgeist eher nach weniger denn mehr Meinungsfreiheit lechzt, dass bekam allerdings auch CNN zu spüren. Dem Sender aus Atlanta schlugen die gleichen Vorwürfe entgegen, wie sie al-Dschasira International zu hören bekommt. „CNN unterstützt die Sache der Terroristen“, befand James Thompson, Manager einer im mittleren Westen der USA weit verbreiteten Hotelkette – und ließ CNN aus dem Hotel-Programm streichen. Echauffiert hatte sich Thompson, weil CNN im Oktober gezeigt hatte, wie ein irakischer Aufständischer einen US-Soldaten erschießt. „Wir müssen uns so was nicht anschauen, CNN unterstützt Terroristen“, protestierte Thompson und verordnete, dass nur noch Fox News in seinem Hotelreich zu sehen sei. A. WOLTERSDORF, Washington