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Kein Kleinkram -betr.: "Bremer Verfassungsreform: Alles bleibt, wie es ist", taz vom 20.5.94

Betr.: „Bremer Verfassungsreform: Alles bleibt, wie es ist“, taz vom 20.5.

Ganz abgesehen davon, daß sie keine Frage der Vefassung ist: eine Verkleinerung der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) von jetzt 100 auf 75 Abgeordnete als „substantielle Änderung“ darzustellen, ist schon ein Tiefpunkt von Verfassungsverständnis. Eine „substanzielle“ Frage für die Verfassung als dem allgemeinsten Grundkonsens über die Regeln und die „Moral“ unseres Zusammenlebens ist dies jedenfalls nicht.

Bleibt wirklich „alles, wie es ist“, wenn in Zukunft: - ein Volksbegehren schon mit einem Zehntel der Wahlberechtigten (statt einem Fünftel) eingeleitet werden kann, also als Instrument greifbar wird? - Volksbegehren und Volksentscheid auch auf kommunaler Ebene möglich werden? - ein Bürgerantrag eingeführt wird, mit dem 10.000 Bürger (auch ausländische!) eine Angelegenheit auf die Tagesordnung der Bürgerschaft bringen können? - das Petitionsrecht verankert wird? - weiterreichende Informationspflichten des Senats gegeüber der Bürgerschaft festgeschrieben werden? - die eher vordemokratische Einheit von Exekutive und Legislative in den Deputationen aufgehoben wird zugunsten von echten Parlamentsausschüssen? - das Parlament sich mit Zweidrittelmehrheit selbst auflösen kann in politischen Krisensituationen, und diese Selbstauflösung auch durch Volksentscheid durchgesetzt werden kann? - der Staatsgerichtshof leichter angerufen werden kann?

Ich würde mich freuen, wenn die taz über den Gesamtumfang der Verfassungsreform berichten würde und nicht nur über die – sicherlich spannenden – Enthaltungen und Gegenstimmen.

Dr. Hermann Kuhn, MdBB Bündnis 90/Die Grünen

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