piwik no script img

Kein Geld für Jugendarbeit

■ Harburg: kirchliche Sozialarbeiterin soll entlassen werden

In der St.Johannis Gemeinde in Harburg brodelt es. Der Grund: Der internationale Jugendtreffpunkt soll aufgelöst werden, weil kein Geld mehr vorhanden ist. Das sagt die Kirche. Die betroffenen Jugendlichen sehen das anders.

Sie kommen aus sieben Nationen, sind moslemischen und christlichen Glaubens und fühlen sich wohl hier. Wer Schwierigkeiten in der Schule, in der Ausbildung oder in der Familie hat, dem/der wird hier geholfen. Und das seit 20 Jahren – doch im Oktober soll damit Schluß sein. Die Sozialarbeiterin Karin Hagel, die seit 15 Jahren die Jugendlichen betreut, soll gehen. Angefangen hat sie 1978 als Gemeindehelferin. Inzwischen hat sie sich zur Sozialpädagogin ausbilden lassen. Ihr Vertrag läuft Ende September nach zwei Jahren aus – eine Verlängerung, so die Kirche, ist unmöglich.

Finanzierungsvorschläge gab es genug – aber alle wurden abgelehnt. Doch weder Karin Hagel noch die 19jährige Fotolaborantin Yurdagül Gülec, die in der Gruppe „groß“ geworden ist, glauben, daß es einzig ums Geld geht: „Wir haben das Gefühl, daß wir hier nicht mehr erwünscht sind“.

Pastor Wolfgang Vogt hält den Vorwurf des mangelnden Interesses an der Jugendarbeit für nicht gerechtfertigt. Im Vordergrund stehe die finanzielle Lage der Gemeinde, die eine Weiterbeschäftigung der Sozialarbeiterin nicht mehr erlaube. Es werde aber darüber nachgedacht, eine Schularbeitenhilfe mit Studenten einzurichten – eine Idee, die bei den Jugendlichen wenig Beifall findet. Denn „wir brauchen für viele soziale Fragen eine kompetente Fachkraft“, so Yurdagül Gülec.

Im übrigen sei es verwunderlich, daß für einen gerade fertiggestellten Neubau an der Kirche zwei Millionen Mark zur Verfügung standen. Dieser wurde nach Auskunft der Kirche fremdfinanziert; vom wem, war allerdings nicht zu erfahren. Klar ist nur, daß mit dem Geld eine Sozialpädagogin über Jahre hätte bezahlt werden können.

Peter Behrendt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen