„Kein Dialog mit den Weltbank–Mördern

■ Die Geschichte eines nicht zustandegekommenen taz–Symposiums / Wieder einmal der falsche Zeitpunkt für eine notwendige Auseinandersetzung? / Anti–IWF–Kampagne zieht Unterstützung zurück / Bündnis gefährdet

Ende September werden sich in Berlin die Vertreter von 140 Staaten zur Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds treffen. Eine Kampagne dagegen, Aktionen und ein Gegenkongreß sind angesagt. Veranstalter ist ein linkes Bündnis - von Autonomen über Solidaritätsgruppen bis hin zu entwicklungspolitischen „Nichtregierungsorganisationen“. Die taz wollte - vier Monate vorher - einen anderen Kongreß veranstalten: Zwei Tage lang sollte ein gutes Dutzend Weltbankkritiker aus verschiedenen Kontinenten vier hochrangige Weltbankvertreter zur Rede stellen. Die taz sagt jetzt ihr Vorhaben ab, weil es undurchführbar geworden ist: Von der Mehrheit des Anti–IWF–Bündnisses wurde ihr klargemacht, daß man ein Symposium, das die Weltbank als Gesprächspartner akzeptiert, als Störung der eigenen Gegenaktionen ansieht. Die taz will nun weder unter Polizeischutz noch als Gegenveranstaltung zum Gegenkongreß tagen. Aber sie fordert jetzt zur Diskussion: Darf die Linke (auch gerade jetzt) mit der Weltbank debattieren? Die Weltbank wird mit ihren ökologisch und sozial höchst fragwürdigen Projekten in den Entwicklungsländern und mit ihren Knebelauflagen für Kredite für Elend, Hunger und Ausplünderung der „Dritten Welt“ verantwortlich gemacht. Das sollte Thema des taz–Kongresses sein. Kurz vor Weihnachten hatte die taz–interne Diskussion begonnen: Im Januar dann der Auftrag des zuständigen „Elfenrats“, in dem alle Abteilungen der Zeitung vertreten sind, an die Wirtschaftsredaktion: das Symposium so vorplanen, daß das Plenum entscheiden kann. Mitte Februar lagen dann genügend vorläufige Zusagen vor: der Hamburger Professor Rainer Tetzlaff die bekannte Autorin Cheryl Payer aus den USA der Regisseur des anklagenden Films „Der Preis des Fortschritts“ über die Weltbank. Die weitere Liste: der Publizist Al Imfeld aus der Schweiz, Tatjana Chahoud von der FU Berlin, der Wirtschaftswissenschaftler Yash Tondon (Simbabwe); Mehda Patkar aus Indien, sie ist Sprecherin einer Bürgerinitiative gegen ein Staudammprojekt der Weltbank; Graham Searle, Mitbegründer der „Friends of the Earth“; Omar Davies (Jamaica), Wirtschaftsberater der Regierung Manley, Ludger Volmer von den Grünen, Inogmar Hauchler von der SPD und andere mehr. Auch das Büro des Bundeskongresses entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) hatte vorläufig zugesagt. Am Tag nachdem die taz ihr Projekt dann in der taz angekündigt hatte, ging es los: mit einem Grafitti an der taz– Wand in der Weddinger Wattstraße: „Kein Dialog mit den Weltbank–Mördern - kein IWF– Kongreß und kein taz–Kongreß“. Von seiten der Berliner Autonem– Szene kamen Signale, man werde den Kongreß „verhindern“. Dazu kam die Kritik aus der Berliner Vorbereitungskoordination für die Anti–IWF–Proteste. Aus der Berliner Alternativen Liste heraus wurde versucht, den Grünen MdB Ludger Volmer zur Absage zu bewegen. Schließlich mußte auch das BUKO–Büro seine Zusage unter dem Druck der Gruppen zurückziehen. Dazu kamen interne Konflikte, auch innerhalb des Projekts wurde zum Teil heftiger Widerspruch angekündigt. Die taz ihrerseits versuchte, nicht nur mit dem Aktionsausschuß der IWF– Kampagne zu diskutieren, sondern auch mit Autonomen. Ohne Erfolg. Dafür fanden wir ein Flugblatt des „Autonomen Männerplenums“ und des „Autonomen Frauenplenums“ Berlin: Da wurde das Kreuzberger Kommunikationszentrum Mehringhof aufgefordert, der taz wieder Räume zu entziehen, die ihr für den heutigen Freitag abend zugesagt waren: Für eine öffentliche Diskussionveranstaltung Pro und Contra taz– Symposium. Flugblatt–O–Ton: „schäbige Rattenfängerei“. Ihre Bündnispartner in der Kampagne bekommen allerdings auch ihr Fett ab: Der taz, so die Autonomen, sitze „eine ganze Reihe ähnlich fragwürdiger Veranstaltungen im Nacken, von AL bis BUKO“. ulk