Kein Dementi: Stockholm erlaubte CIA-Flüge

Der US-Geheimdienst benutzte den schwedischen Luftraum für Gefangenentransporte. Das Militär korrigiert Presseberichte, streitet aber nichts ab.

Will sich zu den Vorgängen nicht äußern: Schwedens damaliger Regierungschef Persson. Bild: dpa

STOCKHOLM tazSie hatten schwarze Hauben über dem Kopf, waren an den Sesseln festgekettet und konnten sich nicht bewegen. Das Servicepersonal des Stockholmer Flughafens Arlanda bekam die Männer in der Flugzeugkabine zu Gesicht, als sie die Toiletten des Jets reinigen sollten, der im Auftrag der US-Regierung unterwegs war.

Doch das Servicepersonal war keins. Es handelte sich um getarnte Angehörige des schwedischen Militärs, die sich an Bord des Flugzeugs überzeugen sollten, ob dort alles rechtens war. Die Zwischenlandung und die Tatsache, dass es sich um einen CIA-Gefangenentransport handelte, waren der schwedischen Regierung bekannt. Die Szene soll sich im Jahr 2005 abgespielt haben. Dieser Tage konnte man die Geschichte in der Stockholmer Tageszeitung Expressen nachlesen.

Die Militärführung bestätigte den Vorfall im Prinzip. Nur habe er sich möglicherweise nicht 2005, sondern 2006 zugetragen. Und es sei keine getarnte Operation gewesen, sondern das Militärpersonal habe ganz offiziell das Flugzeug kontrolliert. Das sei bei CIA-Gefangenentransporten, die schwedische Flughäfen für Zwischenlandungen benutzt hätten, üblich gewesen.

Zurzeit wird untersucht, ob es noch mehr solcher Transporte gab. Seltsamerweise scheinen nämlich alle Akten darüber verschwunden zu sein - sowohl in der Regierungskanzlei als auch beim Militär. Aber die Zahl drei sei ihm genannt worden, sagt Stefan Ryding-Berg, Chef des juristischen Stabs des Militärkommandos. Göran Persson, Ministerpräsident der damaligen sozialdemokratischen Regierung, verweigert jede Stellungnahme zu dem Vorfall. Sein seinerzeitiger Justizminister Thomas Bodström will zwar nichts gewusst haben, hätte aber auch nichts einzuwenden gehabt, sollte Stockholm Washington bei Gefangenentransporten geholfen haben: "Daran ist so lange nichts falsch, wie kein Gesetzesverstoß auf schwedischem Boden begangen wird."

Allein die bis jetzt bekannt gewordenen Informationen böten wohl schon genug Hinweise auf mögliche Menschenrechtsverletzungen, meinen KritikerInnen. Die Linkspartei hat jetzt ein Verfahren gegen Mitglieder des damaligen Kabinetts beim Verfassungsrechtsausschuss des Parlaments eingeleitet. "Wir wollen wissen, was die Regierung wusste und wer die Zwischenlandungen genehmigte", sagt deren Reichstagsabgeordneter Hans Linde.

Der einzig dokumentierte Fall für Gefangenentransporte der CIA, die schwedische Flugplätze benutzten, war bislang der von zwei in Schweden asylsuchenden Ägyptern, die im Dezember 2001 unter vermeintlichem Terrorverdacht von Stockholm in ein ägyptisches Gefängnis überführt worden waren. Doch das geschah damals auf ausdrücklichen Wunsch der schwedischen Regierung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.