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Kein Aus für PsychologInnen?

■ Medizinischer Dienst stellt bei VertragstherapeutInnen Defizite fest / Techniker Krankenkasse fordert KlientInnen zu mehr Stellungnahmen auf

„Was kann die Vertragstherapie wirklich?“– Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Heide Donalies vom Medinizischen Dienst (MD), seit klar ist, daß künftig nur noch die Bremer TherapeutInnen und PsychologInnen mit den Kassen abrechnen können, die als „VertragsbehandlerInnen“gelten (die taz berichtete). Rund 150 TherapeutInnen fallen in Bremen nicht in diese Rubrik; ihre KlientInnen müssen nun Stellungnahmen über Sinn und Zweck ihrer Behandlung abgeben. Diese landen auf dem Schreibtisch von Dr. Donalies – 40 bis 50 pro Tag. „Es zeichnet sich ab, daß wir gerade bei Sexual- und Suchtproblematiken, aber auch bei hilfesuchenden älteren Menschen die Nachfrage nicht über Nur-Vertragstherapeuten werden abdecken können“, so die Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes.

Das sieht und sah auch die Techniker Krankenkasse (TK) bislang so. Doch seit dem Urteil des nordrhein-westfälischen Sozialgerichts ist es der TK bundesweit untersagt, weiter auch Therapien bei Nicht-VertragstherapeutInnen zu bewilligen. „Zwar wird hier sicher eine Revision beantragt, im Moment müssen wir uns aber an das Urteil halten“, sagt Klaus Bündler, Bereichsleiter für Leistungen und Beiträge bei der TK in Bremen. Nur möglichst viele möglichst konkrete Stellungnahmen von Betroffenen könnten nun beim MD den tatsächlichen Bedarfsbeweis erbringen.

Heide Donalies begutachtet die eingehenden Berichte vor allem unter den Kriterien: „Was wird behandelt und welchen medizinischen Sinn macht dies?“Dabei haben vor allem bereits vor dem Oktober '96 (dem Stichtag des Urteils in NRW) begonnene Therapien Chancen auf Verlängerung. Neuanträge ab November '96 dagegen leitet Dr. Donalies umgehend an VertragstherapeutInnen weiter. Und bei Langzeittherapien ist in ihren Augen im Sinne der Vertragstherapie nach 80 Sitzungen definitiv Schluß.

306 VertragsbehandlerInnen hatte die Kassenärztliche Vereinigung im Herbst '96 auf ihrer Liste. „Das muß objektiviert werden“, so Heide Donalies. „Da sind ÄrztInnen dabei, die überhaupt nicht mehr praktizieren, oder solche, die nur eine Psychotherapie pro Woche machen, nur so zum Spaß. Da muß die Kassenärztliche Vereinigung prüfen!“Daß dies bislang nicht geschehen ist, bestätigt deren stellvertretender Geschäftsführer Klaus Stratmann unverblümt. Bremen ist laut Bundes-Statistik nach München am zweitdichtesten mit „praktizierenden PsychotherapeutInnen“besetzt. sip

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