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Kein Anlaß zu einem Kurswechsel

■ Wirtschaftskabinett berät Jahreswirtschaftsbericht/ Lediglich ein bis zwei Prozent Wachstum für Westdeutschland prognostiziert/ Inflationsrate bei fünf Prozent

Bonn (taz) — Der Konjunkturhimmel hat sich nun auch für die Bundesregierung eingetrübt. Nach dem noch unveröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht, der gestern vom Bonner Wirtschaftskabinett beraten wurde, ist in diesem Jahr lediglich mit einem Wachstum von ein bis zwei Prozent in Westdeutschland zu rechnen. Rund zehn Prozent haben die Experten aus dem Bundeswirtschaftsministerium für die neuen Länder veranschlagt. Der Jahreswirtschaftsbericht soll am Mittwoch vom Kabinett abgesegnet und an den Bundestag weitergeleitet werden.

Laut dem Bericht soll sich die Inflationsrate bei fünf Prozent einpendeln; dabei wird der Preisanstieg im Westen auf lediglich 3,5 Prozent, im Osten dagegen auf bis zu 14 Prozent prognostiziert. Starke Belastungen sehen Möllemanns Konjunkturforscher auch auf den Arbeitsmarkt zukommen: Die Beschäftigtenzahl dürfte in den alten Ländern um ein halbes Prozent, in den neuen Ländern um ganze 15 Prozent zurückgehen. Dadurch wird eine Zunahme der Arbeitlosenquote von 6,7 auf 8 Prozent (West) und von 11 auf 17 Prozent erwartet. Den schon obligatorisch gewordenen Silberstreif für die stark lädierte ostdeutsche Konjunktur haben die Fachleute auf die Ausrüstungsinvestitionen und die Bauwirtschaft projektiert: die beiden Bereiche sollen um 26 und 22 Prozent zunehmen und die Wirtschaftstätigkeit kräftig ankurbeln. Kein Wunder, daß Wirtschaftsminister Möllemann optimistisch bleibt: Trotz Konjunkturschwäche, so verkündete gestern Regierungssprecher Vogel, bewege sich laut dem Minister die deutsche Wirtschaft weiter auf hohem Nivau. Grund zur Freude verspürte auch Kassenwart Waigel: Das Haushaltsdefizit fiel 1991 mit knapp 130 Milliarden Mark niedriger als erwartet aus.

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