: Kehrmaschinen-Blues
Mit einem „Qualitätssicherungssystem“ will Bremens Umweltsenator die Straßen sauberer halten
Bremen taz ■ Bremen wird als dreckig empfunden. Das ist nicht gut. Also muss Bremen sauberer werden. Dann fühlt es sich wieder gut an. Also müssen erst einmal die Verkehrswege sauberer werden. Also muss das Straßenreinigungsunternehmen ENO GmbH besser arbeiten. Das ist Pflicht. All das meint Jens Eckhoff, Senator für Bau, Umwelt und Verkehr. Also hat er sich 250.000 Euro bewilligen lassen für die „Erhebung von Strukturdaten für die Stadtbildpflege sowie Implementierung eines Qualitätssicherungssystems“.
Klingt furchtbar großartig, ist aber nur eine kleiner Versuch, die Kehrmaschinen sinnvoll über Bremens Pflaster rollen zu lassen.
Hintergrund ist ein Vertrag von 1998, den die Stadt für 20 Jahre mit der ENO abgeschlossen hat. Danach erhält das Unternehmen jährlich 12 Millionen Euro für die Reinigung der Bremer Straßen. Nicht geregelt war dabei bisher, wo, warum und wie häufig zu kehren ist. Und so werde in Bremen nicht nach Bedarf (Verschmutzung), sondern nach Schema F (turnusmäßig) mit den rotierenden Besen angerückt, wie der Senator gestern bedauerte. Kehrmaschinen-Blues, vermaledeiter.
Er soll nun zum jubilierenden Gospel der Lobpreisung des Gotteckhoff‘schen Reinlichkeitsideals umkomponiert werden.
So lässt ab morgen das Ahlener Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management GmbH zwei Hilfskräfte durch jede Straße Bremens stromern, um etwa vom „Beparkungsgrad“ auf den Bekehrungsgrad zu schließen. Ermittelt wird aber auch: Wie voll sind die Papierkörbe? Lassen unerzogene Hundehalter vermehrt ihre Vierbeiner exkrementieren? Entleeren Autofahrer ihre Ascher? Liegen Schulen an, wachsen Bäume herum? Muss also in den Ferien weniger, im Herbst vermehrt gereinigt werden?
Da in ganz Bremen auch nirgendwo vermerkt ist, wo sich zu reinigende Gullys (vulgo: Sinkkasten) befinden, soll deren Bestand gleich mit erkundet werden, erklärte Eckhoff.
Die Datenerhebung soll nach einem halben Jahr vollendet sein, berichtet Infa-Ingenieur Rüdiger Reuter. Weitere sechs Monate später werde die ENO ihren Kehrmaschineneinsatz auf den frisch ermittelten Bedarf abgestimmt haben.
Das Infa-Programm des EDV-gestützten Katasters wurde bereits in zehn deutschen Großstädten erfolgreich angewandt, beteuerte Eckhoff. Für Bremen bedeute es: „Effektivere Leistungserbringung ohne erhöhte Kosten.“
Ja, diese könnten sogar gesenkt werden. Sind nämlich die Straßen in einem Jahr nicht überall picobello sauber, überweist Eckhoff der ENO einfach weniger als die vereinbarte Summe. Ob offizielle Müllpolizisten oder Anrufer bei der Leitstelle Saubere Stadt die Funktion der ENO-Denunziation übernehmen werden, steht noch nicht fest. fis