■ Kaum zu glauben: Mißbildungen durch Vorsorge?
Eine Untersuchungsmethode, durch die Mißbildungen bei Embryos festgestellt werden sollen, verursacht möglicherweise selbst Mißbildungen. In den USA darf die sogenannte Chorionzotten-Biopsie daher nur noch ab der zehnten Schwangerschaftswoche angewandt werden. Bei der Untersuchungsmethode werden mit einem Katheter Plazenta-Zellen entnommen, um sie auf Erbgutschäden zu untersuchen.
Ende 1990 kam einer Mutter im englischen Oxford der Verdacht, die Mißbildungen an den Gliedern ihres Kindes könnten von der Chorionzotten-Biopsie kommen. Die englische Genetikerin Helen Firth ging dem Verdacht nach und fand in einer Studie eine erhöhte Zahl von Mißbildungen, wenn in den ersten neun Schwangerschaftswochen eine Biopsie vorgenommen worden war. Auch der Mailänder Mediziner Bruno Brambati, der die Untersuchung in den 80er Jahren mit bekannt gemacht hatte, kam vergangenes Jahr zu dem Schluß, daß ihr früher Einsatz dem Kind schadet.
Einer Studie aus Chicago zufolge fehlten sogar solchen Säuglingen Finger und Zehen, bei denen die Chorionzotten-Biopsie erst nach der neunten Schwangerschaftswoche eingesetzt worden war.
Andere Experten allerdings halten das Risiko für nicht bewiesen und verweisen auf große Untersuchungen, nach denen die Biopsie keine Folgen für die Kinder hat. Professor Wolfgang Holzgreve ist der Leiter der vorgeburtlichen Medizin an der Universität Münster, wo in Deutschland diese Technik am häufigsten eingesetzt wird. Er kommentiert, daß sich der „Verdacht nicht weiter erhärtet“ habe.
Eine internationale Expertengruppe, der auch Holzgreve angehörte, fordert aber, Frauen vor einer Untersuchung auf die laufende Diskussion hinzuweisen. jp
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