Kaum Hilfen für behinderte Studierende: Kaum Hilfen für behinderte Studierende
Wer mit einem Handicap studiert, hat es schwer an der Uni: Studienpläne sind zu straff, für Betroffene gibt es oft keine Hilfe. Das Studentenwerk fordert mehr Sensibilität.

BERLIN taz | Studenten mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten erhalten meist keine wirksame Unterstützung. Laut einer breit angelegten Studie des Deutschen Studentenwerks sind körperlich oder seelisch beeinträchtigte Studierende an Universitäten und Hochschulen oft benachteiligt, ohne dass bestehende Hilfsangebote dies auffangen.
Besonders die straffen Zeitpläne, die im Zuge der Bologna-Reformen an den Unis eingeführt wurden, seien für diese Gruppe ein Hindernis, sagte der Präsident des Studentenwerks, Dieter Timmermann, am Montag bei der Vorstellung der Studie.
Mehr als 15.000 betroffene Studierende von 160 Hochschulen hatten sich 2011 an dieser Onlinebefragung beteiligt. Das Wiener Institut für Höhere Studien, das die Umfrage durchführte, fand heraus, dass eine große Zahl der Betroffenen keine Unterstützung ihrer Hochschule in Anspruch nimmt.
Obwohl rund 60 Prozent der Befragten starke Studienbeeinträchtigungen angeben, erhält nur ein Viertel von ihnen Hilfe. Grund sei Mangel an Informationen, sagte Präsident Timmermann. Er fordert mehr Sensibilität gegenüber den behinderten Studierenden.
40 Prozent gaben an, dass ihre Dozenten nicht auf ihre Bitten eingingen. Nur bei 12 Prozent der Befragten sei die Behinderung äußerlich erkennbar, sagte Timmermann weiter: „Die große Mehrheit studiert mit psychischen und chronisch-somatischen Krankheiten.“
„Nur unzureichend gesichert“
Finanziell geraten Behinderte während ihres Studiums häufig in Schwierigkeiten. Mehr als zwei Drittel von ihnen gaben an, aufgrund ihrer Beeinträchtigung zusätzliche Kosten zu haben. Für 15 Prozent von ihnen sei dadurch der Lebensunterhalt „nicht oder nur unzureichend gesichert.“
Viele können neben dem Studium nicht jobben, das Bafög reicht bei über der Hälfte der Betroffenen nicht aus, um diese Lücke zu schließen. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) verwies auf die Verantwortung der Bundesländer. Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) äußerte sich zu der Studie nicht.
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