Kaufhauskette in der Krise: Hertie insolvent
In der Finanzkrise trifft es reihenweise die schwächelnden Unternehmen. Nun muss die erste Kaufhauskette ins Insolvenzverfahren.
BERLIN reuters/dpa/taz Das Amtsgericht Essen hat über die Warenhauskette Hertie das Insolvenzverfahren eröffnet. Das bestätigte ein Hertie-Sprecher am Montag. Die Hertie-Filialen sind bereits seit 2004 in der Krise, als der damalige Besitzer KarstadtQuelle (heute Arcandor) sich daran machte, auf die Krise des klassischen Kaufhauses zu reagieren - und seine Filialen umzustrukturieren oder zu schließen.
Das klassische Kaufhaus, meist in historischen Innenstadtlagen gelegen, ist gleich von mehreren Seiten unter Druck geraten: Einmal vom Trend zum autogerechten Einkaufscenter auf der grünen Wiese. Auf der anderen Seite wirkt der Preiskampf, in den Discounter und Internetanbieter die Kaufhäuser verwickeln. Das macht es schwer, das kaufhaustypische (und teure) Großsortiment aufrecht zu erhalten.
Trotz des Insolvenzverfahrens soll der Betrieb in den noch verbliebenen 54 Hertie-Filialen mit rund 2.800 Mitarbeitern weiterlaufen. Zugleich wird mit potenziellen Investoren verhandelt. Noch im März soll eine Lösung präsentiert werden.
Als entscheidend für den Fortbestand des Unternehmens hatte Insolvenzverwalter Biner Bähr in der vergangenen Woche die Mieten genannt. Wenn diese nicht deutlich nach unten geschraubt würden, müsse das Unternehmen seine Pforten schließen, hatte er erklärt.
Vermieter der Hertie-Häuser ist zum großen Teil der Gesellschafter Dawnay Day, der selber in finanzielle Schieflage geraten ist. Der britische Investor bürde Hertie mit 20 Prozent des Umsatzes Mieten auf, die nicht zu erwirtschaften seien, kritisierte Bähr. Marktüblich seien etwa fünf Prozent des Umsatzes.
Nach einem Treffen im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium hatten die Beteiligten in der vergangenen Woche angekündigt, zur Rettung der Warenhauskette "schnellstmöglichst" einen Antrag auf eine Landesbürgschaft stellen zu wollen. Auf dieser Grundlage werde es zu weiteren Gesprächen kommen, hieß es.
Im Zuge der Sanierung der insolventen Warenhauskette wurde ein Viertel der insgesamt 73 Filialen dichtgemacht. Zudem soll die Zentrale verschlankt werden. Davon betroffen sind 520 Vollzeit-Arbeitsplätze.
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