Karneval im August: Ein Kater am Montag
Riologie
Aus Jardim BotânicoSuzana Velasco
Beim Fußballendspiel saßen drei Männer neben mir und meinem Vater. Verkleidet als Minnie Maus, Spongebob und rosaroter Panther. Das passte gut. Die Olympiade 2016 in Rio war wie ein langer Karneval.
Die Tickets waren zu teuer für die meisten Brasilianer, aber einen echten Karneval feiert man auf den Straßen. Wer kein Geld hatte, konnte den MarathonläuferInnen und RadfahrerInnen folgen oder den Kanuten beim Paddeln in der Lagoa Rodrigo de Freitas zuschauen. Es gab Großleinwände in der ganzen Stadt und jede Bar zeigte die Spiele auf dem Fernseher.
Der brasilianische Karneval hat immer eine triste Note. 1959 komponierten Tom Jobim und Vinicius de Moraes – die den beiden Maskottchen der Spiele den Namen gaben – den Song „A Felicidade“ (Glück): „Wir arbeiten das ganze Jahr/ Für einen Traummoment / Um das Kostüm zu machen / von König, Pirat oder Gärtnerin/ Und am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Der Bossa-Nova-Klassiker stellt die Melancholie des Karnevals gut dar. Nach der langen Party im August kam ein Aschermontag.
Zwei Wochen lang klammerten wir die politische und wirtschaftliche Krise aus. Jetzt kommt der Kater und er wird andauern. Auch die sozialen Probleme werden Rio bleiben. Diese Woche werden die Fernsehsender die Spiele durch den Senat austauschen, in dem übermorgen das definitive Amtsenthebungsverfahren der Präsidentin Dilma Rousseff anfängt. Alles weist darauf hin, dass der illegitime Interimspräsident Michel Temer neuer Staatspräsident wird.
Es regnete in Strömen am letzten Tag der Olympiade. Der Regen dauerte an bis nach der Abschlussfeier im Maracanã, an der Temer nicht teilnahm. Der Übergangspräsident hatte Angst davor, wie bei der Eröffnung ausgebuht zu werden. Die Feier endete mit den beliebtesten Liedern von Rios Straßenkarneval. Und wir verschoben den Kater auf Aschermontag.
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