Karlsruher Entscheidung zum Elterngeld: Kein Zuschlag für Hausfrauen
Das Bundesverfassungsgericht hat die Klage einer vierfachen Mutter abgelehnt. Sie wollte beim Elterngeld mehr als den Mindestsatz bekommen.
KARLSRUHE taz | Es ist nicht verfassungswidrig, wenn Hausfrauen (und Hausmänner) bei der Berechnung des Elterngeldes schlecht wegkommen. Dies entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht.
Geklagt hatte eine Mutter aus Nordrhein-Westfalen. Sie hatte im Jahr vor der Geburt ihres vierten Kindes als Hausfrau gelebt und war keiner Erwerbsarbeit nachgegangen. Da das 2007 eingeführte Elterngeld als Lohnersatz angelegt ist, bekam die Frau nur den Mindestsatz von 300 Euro Elterngeld, plus 75 Euro, weil Geschwister im Haushalt lebten.
Die Frau klagte wegen Diskriminierung gegenüber erwerbstätigen Eltern. Wenn eine Frau wegen der Kinder länger als ein Jahr zu Hause bleibe, müsse für die Berechnung des Elterngeldes auf ihr letztes Erwerbsenkommen vor der Familienphase abgestellt werden - auch wenn das schon Jahre zurückliege.
Die Klage hatte in Karlsruhe aber keinen Erfolg. Es sei verfassungsrechtlich akzeptabel, dass der Gesetzgeber keine Anreize für das langfristige Ausscheiden aus dem Berufsleben schaffen will. Der Schutz der Familie verpflichte den Gesetzgeber nicht, auch längerfristige Auszeiten finanziell zu fördern.
Der Beschluss ist ein klares Signal, dass das Bundesverfassungsgericht die familienpolitische Wende der letzten Jahre mitträgt und wohl auch eine Abschaffung des Ehegattensplittings nicht an Karlsruhe scheitern würde.
Das Elterngeld beträgt 67 Prozent des letzten Erwerbseinkommens, maximal 1800 Euro. Es wird nur ein Jahr lang gezahlt. Bis 2007 bekamen Eltern, die auf Erwerbsarbeit verzichteten, zwei Jahre lang 300 Euro pro Monat Erziehungsgeld.
Leser*innenkommentare
Johannes Resch
Gast
Das Urteil ist charakteristisch für unseer Staatswesen. Eine auch noch so überflüssige Erwerbsarbeit wird massiv höher bewertet als die Erziehung von drei kleinen Kindern. Das Gericht hat aus dem Art. 6, der ursprünglich zum Schutz der Familie gedacht war, zu einer Verhöhnung der Familie verwandelt.
Ilmtalkelly
Gast
Beim Elterngeld wird gegen das Recht auf Gleichbehandlung verstoßen, betrachtet man hierbei nur einmal das Kind.
Zum Zweiten handelt es sich beim Elterngeld nicht um eine Versicherungsleistung, die prämienbezogen eine höhere Leistung rechtfertigen würde. Das die Frau scheiterte,ist in meinen Augen entblößend für das BVerfG.Es räumt dem Gesetzgeber Steuerungsmechanismen der Bevölkerungsentwicklung ein, die dem, was es verfassungsgerecht auslegen muss, absolut entgegen steht.
Reinhold Massen
Gast
Kurzer knapper informativer Artikel. Nur der letzte Satz stimmt meines Erachtens nicht. Denn die 300 Euro Erziehungsgeld bekamen nicht alle Eltern, die wegen Betreuung ihrer Babys nicht arbeiten gehen können, sondern nur solche, die "bedürftig" waren, die also keinen leidlich verdienenden Partner hatten. Mit dieser Diskriminierung von Eltern gegenüber Kinderlosen räumt nun das Elterngeld ein wenig auf - und deshalb ist es gut.
DieKroneDerVolksmusik
Gast
Hat Herr Rath Rechtswissenschaften studiert?
Entweder hat der BGH entschieden oder das BVerfG. Und ja, beide haben ihren Sitz in Karlsruhe. Für einen "rechtspolitischen" Sprecher hochnotpeinlich (sollte hier wohl besser "linkspolitisch" heißen).
P.S.: Für alle die jetzt noch klugschei... wollen. Ja, der 5. Strafsenat des BGH hat seinen Sitz in Leipzig.
mamsar
Gast
Das Erziehungsgeld gab es nur BIS zu einem bestimmten Gehalt. Besserverdiener bekamen es nicht oder nur Anteilig.
Es klingt in ihrem Artikel so als wären 2 Jahre 300€ für jede Frau/jeden Mann zu haben gewesen.
Man konnte im übrigen auch 450€ über ein Jahr auszahlen lassen.
Aber wie gesagt: das Erziehungsgeld war als Unterstützung für Geringverdiener gedacht und vom BGH so gefordert. Auch Hartz 4 Empfänger konnten es beziehen. Sein Nachfolger das Elterngeld ist eben nur was für Besserverdiener.
Dass sich der BGH zu dieser Verdrehung der Tatsachen noch nicht geäußert hat ist mir unbegreiflich.