piwik no script img

■ Bildt-Administration droht bosnischen KriegsparteienKaradžić fürchtet Normalisierung

Zeitweilig hatte es schon wieder so ausgesehen, als wiederholte die internationale Gemeinschaft die alten Fehler der UNO-Politik in Bosnien-Herzegowina. Da versuchten vor allem die serbischen und kroatischen nationalistischen Eliten die Grenzen auszutesten, die ihnen durch das Dayton-Abkommen gesetzt sind. Da wurde in den letzten Wochen munter gegen das Abkommen verstoßen: Mit den Kontrollstellen wurde die Bewegungsfreiheit unterhöhlt, mit der Verhaftung von Journalisten versuchten sie die im Vertrag verbürgte Freiheit der Berichterstattung einzuschränken. Und die internationale Truppe Ifor sowie die Bildt-Administration machten keine gute Figur beim Exodus der serbischen Bevölkerung in Sarajevo sowie bei der Sicherung der Massengräber und der Verfolgung der Kriegsverbrecher.

Wieder haben die US-Militärs ein Machtwort gesprochen: Die Kontrollstellen wurden auf ihren Druck hin zumindest auf dem Territorium der kroatisch-muslimischen Föderation vollständig aufgelöst. Und jetzt zeigt endlich auch die Bildt-Administration Flagge: Die wirtschaftliche Aufbauhilfe wird an die Freilassung von Kriegsgefangenen geknüpft.

Die Extremisten in der Führung der bosnischen Kroaten und auch die bosnische Regierung haben vorerst gekuscht. Mit der neuen Übereinkunft in bezug auf die Föderation sind Weichen für den Wiederaufbau gestellt. Schwierigkeiten machen weiterhin die Extremisten um den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Karadžić. Nichts fürchten diese Leute mehr als die Normalisierung der Verhältnisse. Denn ihre Macht stützt sich lediglich auf Propaganda und die Gewehrläufe. Das neue Pressegesetz in der sogenannten „Serbischen Republik“ in Bosnien segnet die Beschneidung der Meinungsfreiheit für die serbische Bevölkerung ab. Und zur Propaganda gehört, daß von den eigenen Kriegsverbrechen mit der Beschuldigung anderer abgelenkt wird.

Das Diktum des Vizechefs der Bildt-Administration, Michael Steiner, bringt Karadžić in Bedrängnis. Die serbische Bevölkerung hat wie die Bevölkerung im anderen Teil Bosniens vom Krieg die Schnauze voll. Sie will wie alle anderen endlich wieder arbeiten, Geld verdienen, die Kinder in die Schule schicken. Gerade deshalb muß die internationale Gemeinschaft hart bleiben – und im Zuge der Vorbereitung der Wahlen die Weichen für eine umfassende Demokratisierung stellen. Erich Rathfelder

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen