Kanzlerin verteidigt Bankenrettungsplan: Die Bürgschaft
Mit 26,5 Milliarden Euro bürgt die Bundesregierung für die strauchelnde Hypo Real Estate. Zu der staatlichen Bürgschaft gebe es keine Alternative, meinte Angela Merkel.
Angela Merkel sprach gestern wenige, aber große Worte. Um "Sicherheit", "Vertrauen" und "Verantwortung" gehe es jetzt. Deshalb gebe es keine Alternative, als der strauchelnden Bank Hypo Real Estate (HRE) eine staatliche Bürgschaft von 26,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.
Das Institut mit Sitz in München war von Bundesbank und Bundesregierung in der Nacht zum Montag vor dem drohenden Bankrott bewahrt worden. Im Zuge der internationalen Bankenkrise konnte sich die HRE nicht mehr ausreichend mit Krediten anderer Banken versorgen, um Verbindlichkeiten zu begleichen. Als die deutschen Privatbanken bereit waren, Sicherheiten von 8,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück in Abstimmung mit Kanzlerin Merkel weitere 26,5 Milliarden Euro als Bürgschaft zu.
Um diese bislang einmalige Rettungsaktion den Abgeordneten des Bundestages zu erklären, kam am Dienstag nicht nur Merkel zur Union, sondern Steinbrück und Bundesbankchef Axel Weber besuchten gleich alle fünf Fraktionen nacheinander. Von den Regierungsfraktionen erhielten sie dabei offiziell uneingeschränkte Unterstützung. An der Zustimmung seiner Abgeordneten gebe es überhaupt keinen Zweifel, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck. Ähnlich klang es bei der Union. Haushaltspolitiker Steffen Kampeter verwies auf die Gefahr eines "Flächenbrandes", falls die Regierung jetzt nicht schnell handele. Dies war das zentrale Argument: Hätte die Bundesregierung die Bürgschaft verweigert, wäre nicht nur die HRE zusammengebrochen, sondern noch einige weitere Banken und Versicherungen. Und die ganz große Finanzkatastrophe würde für die Allgemeinheit wesentlich teurer als die jetzt zugesagte Bürgschaft.
Alle glaubten diese Botschaft, selbst die Linke. Trotzdem war in den Regierungsfraktionen leises, bei der Opposition auch lauteres Murren zu hören. Von "großer Verärgerung" unter seinen Kollegen sprach SPD-Politiker Florian Pronold. Seine Frage: "Warum sind die privaten Banken nicht stärker ins Risiko gegangen?" Inzwischen stellte sich zudem heraus, dass die Privatbanken noch nicht einmal 8,5 Milliarden Euro bei den Bürgschaften übernehmen: Sie zeichnen nur mit ganzen 3 Milliarden Euro, wie der Bankenverband am Dienstag bestätigte.
"Die privaten Banken müssen mit einer größeren Summe eintreten", forderte auch Fritz Kuhn, Fraktionschef der Grünen. "Warum hat der Bund nicht besser verhandelt?" Als Gegenleistung für seine Bürgschaft müsse der Staat außerdem mehr Einfluss auf die Verwertung des Kapitals der Hypo Real Estate erhalten. Kuhn brachte ins Gespräch, dass der Bund zur Sicherheit einen Teil der Aktien der HRE übernehmen könnte.
Dies schwebt auch der Linken vor. Herbert Schui, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion, fragte den Finanzminister, warum er die HRE nicht schlicht verstaatliche - wie in den USA und Großbritannien. Auf seine unnachahmliche Art antwortete Steinbrück: "Ich habe keinen Bock, mir eine KfW hoch zehn an die Backe zu kleben." Soll heißen: Für Finanzrisiken bei der staatlichen KfW-Bankengruppe stehe die öffentliche Hand schon mit rund 10 Milliarden Euro im Wort, und Steinbrück befürchtet, eine Übernahme der Hypo Real Estate würde deutlich teurer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett