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Archiv-Artikel

DIE KLEINE TIERSCHAU Kampf um die Meise

Die Katzen kleben an den Scheiben und freuen sich

Ich sitze am Schreibtisch und schau aus dem Fenster. Draußen gibt es so einiges zu sehen: Zwei Meisen fliegen herum. Neben mit sitzen meine zwei Katzen und schauen auch aus dem Fenster. Auch noch andere Katzen im Haus tun das, insgesamt sieben. Sieben Katzen, zwei Meisen – das sieht auf den ersten Blick nicht gut aus für die Meisen, so vom Verhältnis her. Dann aber wiederum sieht es doch gut aus für sie, denn nur zwei der sieben Katzen dürfen auch raus aus der Wohnung, um sie zu jagen.

Die anderen fünf dagegen sind aufs Zuschauen beschränkt. Sie schauen zu, wie die Meisen so fliegen und manchmal auch, wie sie so landen. Die Meisen landen nicht direkt vor den Fenstern. Da sind die schauenden Katzen dann doch zu nah. Die Meisen landen auf den Balkonen; da sind die schauenden Katzen etwas weiter entfernt, so einen halben Meter zumindest. Sie landen und picken in den Balkonkästen nach Futter, und die Katzen kleben an den Scheiben und freuen sich über die Action.

Und deshalb häng ich jetzt Meisenkugeln auf, auf meinem Balkon, auch wenn noch längst nicht Winter ist und die Meisen das Futter nicht brauchen. Die Kugeln sind sogar schlecht für die Meisen, denk ich, von wegen faul werden und abhängig werden und vergessen, wie man sein eigenes Futter so findet, als Meise. Ich hänge sie trotzdem auf, denn das Verhältnis Balkon-Meise ist noch viel schlechter als das Katze-Meise, nämlich zwanzig zu zwei. Zwanzig mögliche Landeplätze, ich muss mich ranhalten.

Auf dem Balkon gegenüber hängen schon ein paar Kugeln und auf dem unter mir auch. Dabei haben die noch nicht mal ne Katze. Ich finde das unfair und schlag zurück: hänge gleich alle sechs Kugeln auf, die ich habe.

Und dann sitzen wir da, meine Katzen und ich, und gucken, gucken die Meisen, wie die so fliegen und landen, im Hinterhof der zwanzig Balkone.

JOEY JUSCHKA