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Kampf gegen Raubkopien im NetzObama soll das Internet kontrollieren

Im Kampf gegen Piraten setzen die großen Medienkonzerne auf radikale Lösungen: Sie wollen von Obama, dass das Internet künftig stärker überwacht und blockiert wird.

Obama zwischen den Fronten: Er will zwar geistiges Eigentum schützen, aber auch Reformen im Bereich Copyright. Bild: dpa

Der Hollywood-Lobbyverband Motion Picture Association of America (MPAA) macht Druck auf den designierten neuen US-Präsidenten, den Kampf gegen Raubkopien im Internet zu verstärken. In einer an das Obama-Regierungswechselteam gerichteten Stellungnahme mit den wichtigsten Forderungen zum internationalen Filmhandel heißt es unter anderem, automatisierte Systeme müssten her, um Raubkopien im Netz zu erkennen und zu entfernen.

Solche Technologien seien zwingend notwendig, um den Diebstahl von Inhalten zu unterbinden und habe "Priorität für die Mitgliederfirmen der MPAA". Außerdem wollen die Hollywood-Konzerne nochmals verschärfte Gesetze gegen das so genannte "Camcording" durchsetzen. Dabei werden Filme in Kinos mit Videokameras aufgezeichnet und dann ins Netz gestellt. Dies müsse insbesondere in Regionen wie Korea, Malaysia oder Südamerika unterbunden werden, wo es an entsprechenden Regelungen fehle. Hier müsse die US-Regierung diplomatischen Druck ausüben. "In Mexiko hat das Camcording inzwischen krisenhafte Ausmaße angenommen", heißt es in der MPAA-Stellungnahme.

In Sachen Internet-Kontrolle will der Lobbyverband, dass sich die Obama-Administration an den aktuellen Bemühungen in Frankreich und Großbritannien orientiert. Dort plant die Regierung eine so genannte "Three Strikes"-Politik. Bei dieser soll mehrmals erwischten Up- und Downloadern urheberrechtlich geschützter Inhalte, etwa Musik oder Filmen, nach einer Verwarnung der Internet-Zugang vollständig gesperrt werden. Eine solche Regelung konnte sich im Europaparlament für die Gesamt-EU zunächst allerdings nicht durchsetzen, weil sie als zu harsch kritisiert wurde; schließlich bleiben Geschädigten noch immer straf- und zivilrechtliche Mittel, Raubkopierer zu verfolgen.

Dementsprechend interessierter zeigen sich die Medienkonzerne deshalb an neuer Filter- und Blockadetechnik. Angedacht ist unter anderem, in Zusammenarbeit mit Telekommunikationsriesen wie dem US-Anbieter AT&T neuartige Systeme zu installieren, die den Datenstrom ständig auf urheberrechtlich geschützte Inhalte absuchen. Wird ein solcher "Fingerabdruck" entdeckt, könnte dann der Transfer ausgebremst oder ganz gesperrt werden. Datenschützer und Netzbürgerrechtler sehen darin mehrere schwerwiegende Probleme. So würden Nutzer künftig einer Dauerverdächtigung unterzogen, zudem sei die Funktionsweise solcher Systeme keineswegs ausgereift. Die Medienkonzerne sehen sich unterdessen in einem Überlebenskampf: Finanzkrise und zunehmende Piraterie im Netz bringe sie an den Rand der Existenz, heißt es von den Firmenvertretern.

Noch ist unklar, wie Obama auf die Avancen Hollywoods reagiert. Er betont in seinem Regierungsprogramm zwar den Schutz geistigen Eigentums und den kultureller Güter, will aber gleichzeitig auch Reformen in den Bereichen Patentrecht und Copyright, die in das neue Jahrtausend passen. Entsprechend interessiert beobachten "Fair Use"-Aktivisten, die eine Lockerung der Urheberrechtsregelungen etwa für die Wissenschaft fordern, die Personalpolitik des neuen Präsidenten. Der darf demnächst einen neuen "Urheberrechtszaren" wählen, der sich als direkt Verantwortlicher der Regierung mit Themen wie Markenrecht und Urheberschutz beschäftigt.

Auch Internet-Aktivisten beobachten die Entscheidungen des neuen US-Präsidenten mit Argusaugen. Die so genannten "Netroots", also Nutzer, die sich online für Obama einsetzten, Unterstützeraktionen koordinierten und das Netz zu einem wichtigen Wahlkampfinstrument machten, erwarten von ihm, dass er ihre Interessen beachtet. Dazu zählt auch, dass der künftige "Commander in chief" ausgleichend zwischen Medienkonzernen und Usern wirkt - etwas, dass es in der Bush-Administration nicht gegeben hat. So wurden etwa Gesetze gegen Urheberrechtsverletzungen verschärft und mit harten Bußgeldern und Schadenersatzansprüchen belegt. Der Fall einer jungen Mutter, die sechsstellige Beträge für einige Dutzend heruntergeladene Songs zahlen sollte, kennzeichnete diese Ära. Noch hat Obama sich allerdings nicht dazu geäußert, dass er das ändern will.

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