Kampagne für mehr Wahlbeteiligung: Jugend springt für Europa
Ein Video des Senats wirbt für eine hohe Wahlbeteiligung bei der Europawahl. Die Opposition spricht von Heuchelei und Doppelmoral - der Senat gebe sich sonst europakritisch und mache die Abstimmung "so bürgerfeindlich wie möglich".
Der Senat will die Wahlbeteiligung bei der Europawahl am 7. Juni erhöhen. "45 Prozent plus X ist mein Wunsch", sagte Monika Helbig, Staatssekretärin des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und Europabeauftragte des Senates, am Donnerstag bei der Vorstellung der Berliner Europawahlkampagne. Vor fünf Jahren gingen nur 38,6 Prozent der Berliner Wahlberechtigten an die Wahlurnen.
Herzstück der am Donnerstag gestarteten Kampagnen-Homepage ist ein etwa eine Minute langer Werbespot. Er zeigt zwei Jugendliche, die sich ein rasantes Wettrennen durch Berlin liefern. Dabei klettern sie über Zäune, hüpfen von einer Brücke, springen über Autos und steigen über ein Fenster ins Rote Rathaus, um dort ihre Stimmen abzugeben. Der Slogan: "Du bestimmst den Weg." Das Video soll auch auf den Bildschirmen laufen, die in vielen U-Bahnen hängen.
Zusätzlich soll es auch Veranstaltungen etwa in Berufsschulen und Einkaufszentren geben. In der Broschüre "Europa beispielhaft" stellt die Senatskanzlei auf 80 Seiten vor, welche Projekte mit EU-Geldern in Berlin gefördert werden - von 2007 bis 2013 fließen 1,2 Milliarden Euro in die Stadt. Es sei "wichtig, sich für Europa zu interessieren und sich über die Bedeutung der Europäischen Union für unsere Stadt zu informieren", schreibt Helbig im Vorwort.
Der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Frank Henkel spricht von "absurder Doppelmoral des Senates". Dieser habe selbst dafür gesorgt, die Wahl "so bürgerfeindlich wie möglich" zu machen - durch die Entscheidung, dass der Volksentscheid über Pro Reli und die Europawahl an zwei unterschiedlichen Terminen stattfinden sollen. Henkel: "Hätte der Senat den Volksentscheid auf den Termin der Europawahl gelegt, hätte er dafür sorgen können, dass sich an beiden Entscheidungen mehr Bürger beteiligen." Bei zwei getrennten Terminen würden mehr Bürger zu Hause bleiben.
Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig, hält die Europa-Werbung für "doppelzüngig". Schließlich war Berlin das einzige Bundesland, das - auf Druck der Linkspartei - dem EU-Reformvertrag von Lissabon im Bundesrat nicht zugestimmt hatte. "Die drei Senatoren der Linkspartei müssten doch eigentlich rot vor Scham werden, wenn sie mit ihrem Senat jetzt für Europa Werbung machen." Es sei "makaber, erst die EU nicht zu unterstützen und sie dann positiv darzustellen".
Auch die Grünen waren für einen gemeinsamen Termin für Volksentscheid und Europawahl. Der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller hatte die Trennung beider Entscheidungen damit begründet, beides hätte nichts miteinander zu tun. Diese Begründung findet Eichstädt-Bohlig "äußerst zynisch". Sie würde "die Bürger für so klug halten, dass sie die beiden Fragen auseinanderhalten können". Auch ihrer Ansicht nach hätte sich durch einen gemeinsamen Termin die Wahlbeteiligung viel besser steigern lassen als durch Videos und Broschüren.
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