Kammerpop: Wehmut mit Gimmick
Hamburger Soundtrack
von Nils Schuhmacher
Wichtig sei, „dass man ein Getriebener bleibt“, sagte Stuart Staples anlässlich des jüngst erschienenen zehnten Albums seiner Band. Und man ist geneigt hinzuzufügen: Wenn sich so Getriebensein anhört, dann möchte man mal sehen und hören, wie die Tindersticks klingen, wenn Staples gerade super in sich ruhend ein paar Lieder aufnimmt! Aber das ist wahrscheinlich ein ganz falscher Ansatz, denn voll in Ordnung ist bei diesen Engländern eigentlich ausschließlich die Garderobe, während es sonst düster und etwas verloren zugeht.
Neu ist das also nicht, was auf „The Waiting Room“ geschieht. Genau genommen fügt es sich ohne großes Aufsehen in die Reihe der Vorgänger ein. Weiter wird an jeder Art überbordenden Gefühls vorbeimusiziert. Im Grundton bleibt es wehmütig-verweht, komplex komponiert und im wilden Wechsel opulent arrangiert oder von der Instrumentierung her bis auf Knochen abgenagt. Und dazwischen tritt Staples mit seiner immer etwas hingeworfen klingenden, tiefen, leicht nasalen Stimme, seinem ewigen Vibrato, dem stets nuscheligen Gesang dazwischen, die sich diesmal auch wieder verstärkt von zweiten Gesangsstimmen (unter anderem Savages-Sängerin Jehnny Beth) aufhübschen lässt.
Über das Gimmick – es gibt zu jedem Lied einen Kurzfilm – lässt sich geteilter Ansicht sein. Man kann das gut finden, wenn man Wolke und Staub sieht, während man Wolke und Staub hört. Aber man kann es auch interessanter finden, die ganze Zeit auf die Bruchlinie zwischen dem dandyhaften Auftreten der Band und ihrer stoisch vorgetragenen Traurigkeit zu starren (14. 3., Kampnagel).
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