KURZKRITIK: THOMAS JOERDENS ÜBER ENRON : Spiel mit Geld
Vor zehn Jahren legten ein paar Typen einen der größten Finanzskandale der USA hin, als sie den Energieriesen Enron nach langem Höhenflug an der Börse abstürzen ließen. In den Kammerspielen hat Ralph Bridle die Geschichte als Charakterstudie der Hauptbeteiligten inszeniert. Es geht um Gier, Selbstüberschätzung und Macht. Alles auf abschüssiger Bühne, denn es gibt nur eine Richtung: nach unten.
Zunächst bläst Enron-Chef Jeff Skilling (Nicki von Tempelhoff) jedoch mit aller Kraft heiße Luft in die Blase, die nach über zweieinhalb Theaterstunden wie ein Luftballon platzt. „Wir sind ein Ideenkraftwerk, kein Energieunternehmen“, tönt der pomadige Anzugträger. Den zweiten Hauptbösewicht, Andy Fastow, mimt Martin Semmelrogge als schrullig-pfiffigen Freak. Der kritzelt Formeln auf den Boden und versteckt die Schuldenmillionen in einem Schachtelsystem, das an russische Matrjoschkas erinnert.
Neben dem stattlichen Jeff wirkte der schmächtige Andy nicht nur optisch wie ein Kind. Für ihn ist Bilanzfälschung wie ein Spiel, bei dem Fakten und Fiktionen verschwimmen. Auch das Stück hat was Verspieltes, es kippt ins Surreale. Es unterhält, erhellt – und erschreckt. Denn in Wirklichkeit hat das Spiel mit dem Geld nie aufgehört.
Nächste Vorstellungen: 20. und 21. April. Bis 22. Mai