KURZKRITIK: SARAH ORTMEYERS NAVY ROYAL IN DER GAK : Eliminierte Augenpartien
Mitten durch den Raum geht ein Riss. Und es sieht aus, als hätte der große Stockanker diese Wunde in den Fußboden der Gesellschaft für Aktuelle Kunst geschlagen. Das hat er nicht: Die in Wien lebende Künstlerin Sarah Ortmeyer hat ihn, nachträglich, dort deponiert – als ein Teil ihrer mixed-media-Installation „Navy Royal“.
Die nimmt Bezug auf den Wilhelmshavener Matrosenaufstand von 1918, weniger um ihn zu rekonstruieren, als ihn als einen End- oder wenigstens Wendepunkt einer Entwicklung zu deuten. Tatsächlich hatte das 19. Jahrhundert, nicht zuletzt in der Mode, die Marine als ein militärisches Idealbild propagiert, als einen Punkt der Vervollkommnung des neuen Kaiserreichs, als Fundament eines hegemonialen Anspruchs.
Schwarz-weiß-Fotografien von in Matrosenanzügen posierenden Kindern, deren Augenpartien durch saubere weiße Schnitte eliminiert wurden, spiegeln diese Uniformierung des Zivilen – es sind Kinder! – als beängstigenden Akt der Entindividualisierung. Eine dicke blutrote Kordel, locker über goldglänzende Ständer drapiert, und überkreuz zum Bodenriss, durch den Raum gelegt, überblendet Gewalt, repräsentatives Bedürfnis der Monarchie und – von Palstek und Achterknoten evozierte – nautische Bilder: Ein so starker wie beklemmender optischer Eindruck. BES
Sarah Ortmeyer: Navy Royal, GAK, tägl. außer Mo. Bis 9. Mai