KUNSTRUNDGANG : Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Isabella Czarnowska zeigt derzeit mehrere fotografische Werkgruppen, die anlässlich zweier Performances Ende der 70er- und Ende der 80er-Jahre entstanden sind. Protagonisten und Produzenten der bis zu 20 Stunden dauernden Performances waren Vera Lehndorff, als Model unter dem Namen Veruschka bekannt, und der Fotograf und Filmer Holger Trülzsch. In Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ort – 1979 eine leerstehende Fischhalle in Hamburg und 1986 ein altes Stofflager bei Florenz – bemalten Lehndorff und Trülzsch den nackten Körper Lehndorffs derart, dass er auf den Fotografien vollkommen mit seiner Umgebung verschmolz. Die Ausstellung ist eine echte Entdeckung, wobei vor allem die ungeheure Präzision fasziniert, mit der Lehndorff und Trülzsch ihre Auseinandersetzung mit der Frage nach der Behandlung von Oberfläche und Materialität in Kunst und Fotografie ins Werk setzten beziehungsweise der Frage nach der Wahrnehmung und dem Status von Objekt und Subjekt nachgingen. Das gilt für die Performances wie für ihre fotografische Dokumentation. Neben Polaroids, die den bemalten Körper von Vera Lehndorff ohne Hintergrund zeigen, neben riesigen Farbabzügen, in denen ihr Körper mimikryhaft in der barocken Materialfülle des Stofflagers verschwindet, neben Gipsabgüssen ihres Körpers, dessen Bemalung im Innern haften blieb, gibt es beispielsweise eine Schwarz-Weiß-Serie, die selbst nur eine Spur der ursprünglichen Abzüge darstellt. Noch mehr als hier verblasst aber die Spur der Model-Ikone der 60er-Jahre im Laufe der Hamburger Performance, in der Vera Lehndorff mehr und mehr zum Eisenträger und Wasserrohr wird, zur melancholisch-dunklen schönen Ruine. Davon handeln die Performances eben auch: vom Widerstand gegen ein Image. Früher half die Kunst, heute nur noch der Nervenzusammenbruch.