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KULTURSTAATSMINISTER NIDA-RÜMELIN ZIELT AUF „ORDNUNGSPOLITIK“Gegen Naumann-Hype und gegen Disney

Nun hat er also gestern sein Amt angetreten: Julian Nida-Rümelin, Philosophieprofessor in Göttingen, beurlaubt, um Münchener Kulturreferent zu sein und nun eben Nachfolger. Im Amt des Kulturstaatsministers, was keine leichte Aufgabe ist, wenn der Vorgänger ganz ohne Vorgänger war und dazu das Temperament von Michael Naumann hatte. Für sein eigenes Profil will Nida-Rümelin offenbar die Kultur in der Bundespolitik tatsächlich deutlicher institutionalisieren als zelebrieren und „eventualisieren“. Und so spricht der 46-jährige Sozialdemokrat schon vorsichtig von einem richtigen Bundesministerium für Kultur – und möglicherweise Bildung. Und davon, dass er seinen Schwerpunkt auf die „Ordnungspolitik“ legen will – was immer das im Bereich der Kultur heißen soll.

Man möchte hoffen, dass er sich damit bloß gegen die unordentliche Politik abgrenzen will, wie man den Hype auch bezeichnen kann, mit dem Naumann plötzlich alle denkbaren kulturellen Fragen versorgte. Einverstanden, wenn Nida-Rümelin die aufgeschreckten Länder beruhigen und für klare kulturelle Rahmenbedingungen im föderalen System sorgen will. Wenn er freilich davon spricht, dass der Bund – qua Gesetzgebungskompetenz – etwa beim Urheberrecht gute Möglichkeiten hat, einen ordnungspolitischen Rahmen zu schaffen, dann muss man ein dickes Ausrufezeichen setzen.

Denn hier geht es, im Gegensatz zu den folkloristisch-föderalen Kabbeleien, um die globale Informationsgesellschaft. Um die Frage, wie viel Informationsfreiheit es unter den digitalen Bedingungen einer weltweiten Vernetzung für den Nutzer gibt. Hier spielen andere Schwergewichte als Hans Zehetmair mit; da stehen die amerikanischen Staranwälte, die die großen Medienkonzerne beraten, gegen die Brüsseler Bürokratie, die auf eine national zersplitterte Gesetzgebung schaut. Anders, als der Laie denkt, schützt das Urheberrecht, besonders das amerikanische, das global den Maßstab setzen will, keineswegs die Autoren-, sondern die Produzentenrechte. Und wenn der Nutzer, der auch eine öffentliche Bibliothek sein kann, nicht auf alles Produzentenabgaben zahlen soll, muss es dem neuen Kulturstaatsminister um eine möglichst liberale Gesetzgebung gehen. Das wäre „Ordnungspolitik“. Für öffentliche Bibliotheken, gegen Disney. BRIGITTE WERNEBURG

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