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Archiv-Artikel

KOPFSCHMERZEN AM HELDENGEDENKTAG Bis zum nächsten April

VON SUSANNE KNAUL

NEBENSACHEN AUS JERUSALEM

Der Monat April steht in Israel nicht für Frühling und natürlich noch weniger für Ostern. April – das ist der patriotischste Monat. Unentrinnbarer rollt die Welle des kollektiven Gedenkens an die Schrecken der Vergangenheit, an die Heldentaten und die Errungenschaften des Staates auf die Menschen zu, die in ihm leben. Für Ausländer heißt es jetzt „low-profile“ bewahren und so tun, als gehöre man dazu. Das geht am besten, wenn man sich beizeiten eine blau-weiße Flagge zulegt.

Praktischerweise legen die großen Tageszeitungen das so dringend nötige Utensil gewöhnlich einer ihrer Wochenendausgaben bei. Für das Auto gibt es sie an den meisten Verkehrskreuzungen im Handverkauf zu erwerben. Damit ist Otto Normalverbraucher, der sich weder von der Besatzung noch vom Siedlungsbau beirren lässt, schon ganz gut bedient. Nur wer unbedingt das 5 mal 1,5 Meter große Modell haben will, muss ein Spezialgeschäft aufsuchen.

Den Holocaustgedenktag hatte mein Sohn, der ein paar Tage länger in den Osterferien blieb, glücklicherweise verpasst. Damit blieben uns die sonst jedes Jahr üblichen Telefonate mit Lehrern und dem Schuldirektor erspart, sie mögen doch bitte von den „Nazis“ reden, wenn sie das Thema ansprechen, und nicht von „den Deutschen“. Ausgestanden war die Sache damit aber nicht. Eine Woche später ist nämlich Heldengedenktag.

„Wir sollen ein Foto mitbringen“, sagt der Nachwuchs, „von einem Familienmitglied, das Soldat ist oder war.“ Opa sei doch auch im Krieg gewesen und ich solle mal in der Kiste mit den alten Bildern suchen. Ob das jetzt so eine gute Idee ist, sage ich ausweichend. Wie erklärt man einem 9-Jährigen, dass sein Opa, obschon der gekämpft hat, doch kein Held war. „Lass mal gut sein“, sage ich und bitte per Mail die Lehrerin um Hausaufgabenerlass. Sie gewährt ihn.

Schade nur, dass mein Filius beim Aufmarsch am Unabhängigkeitstag nicht mitmachen will, den das Dorf organisiert und von dem er sagt, dass der „nur doof“ sei. „Links, rechts, links, rechts“, kommandiert ein schon lange pensionierter Exsoldat die Knirpse über Megafon, während die stolzen Mamas und Papas im Rhythmus dazu klatschen. Sie sind in den nationalen Farben gekleidet, tragen große Flaggen und nehmen sich ungefähr so wichtig wie der Mann am Megafon. Wenn das Feuerwerk gezündet wird, singen alle die HaTikwa. Geschafft. Bis zum nächsten April.