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KOMMENTAREFlickwerk für die Einheit

■ Der Nachtragshaushalt ist nur ein Provisorium

Ein Flickwerk für die Einheit, ein Nothaushalt — mehr ist es nicht. Der neue Nachtragshaushalt bedeckt nur notdürftig die finanzielle Blöße der Stadt. Die erste große Änderung ist schon absehbar — dann, wenn Bonn endgültig nein zu den Berliner Finanzwünschen sagt. Trotzdem wird mit dem Pieroth-Plan nur das allernötigste für die Berliner Osthälfte finanziert. Und noch ist völlig unklar, ob diese Gelder wirklich komplett dort ankommen, wohin sie gelangen sollen. Viel Zeit zum Geldausgeben bleibt nämlich gar nicht mehr: Erst Ende Juni wird das Parlament den Haushalt beschließen. Zumindest im Verschieben von Entscheidungen scheut dieser Senat keinen Vergleich mit seiner Vorgängerregierung.

Das Abwarten hat der Koalition bisher nicht viel geholfen, zu neuen Erkenntnissen dringen die Senatoren und Senatorinnen nicht durch. Im Gegenteil. Es ist keine Woche her, daß in Kreuzberg vor allem Jugendliche unsanft auf ihren Frust aufmerksam machten. Dennoch fällt der Stadtregierung nichts anderes ein, als ausgerechnet den Jugendsenator auszuhungern und den Polizei- Etat in Marmor zu meißeln. Der Realitätsverlust, an dem schon einmal ein Diepgen-Senat gescheitert ist, greift schon nach 100 Tagen wieder kräftig um sich.

Durch Phantasie jedenfalls gleicht der Senat die mangelnde Bodenhaftung nicht aus. Dabei wären gerade Ideen gefragt. Warum nicht die Autofahrer durch drastische Parkgebühren oder eine City-Maut an den Kosten beteiligen, die die umweltfreundlichen Busse und Bahnen verursachen — anstatt die BVG-Tarife zu erhöhen und den stadtschädlichen Autoverkehr damit noch zu fördern? Eine große Koalition, die sich auf fünf Jahre Regierung einstellt, könnte solch unpopuläre Dinge durchsetzen — und so in der Not neue Tugenden entwickeln. Hans-Martin Tillack

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