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KOMMENTAREMehr Wagemut

■ Die westlichen KSZE-Länder müssen sich mehr den Fragen Gesamteuropas stellen

Verbesserung der Menschenrechte“, „wirtschaftliche Kooperation“ sowie „militärische Sicherheit und Vertrauensbildung“. Das sind die drei Körbe der KSZE-Gründungsakte von Helsinki aus dem Jahre 1975. Sie wurden seinerzeit als gleichberechtigte und gleichgewichtige Grundbausteine für ein kooperatives Gesamteuropa beschlossen. Doch die größten Erfolge wurden dann just in dem Bereich erzielt, der seinerzeit am heftigsten zwischen West und Ost umstritten war — bei den Menschenrechten. Weit dahinter zurück bleiben die Fortschritte in den anderen beiden Körben. Daran hat auch die Berliner Außenministerkonferenz wenig zu ändern vermocht. Weder im Bereich der Sicherheitspolitik noch in der wirtschaftlichen Kooperation haben sich die meisten westlichen KSZE-Mitglieder bislang tatsächlich auf das Wagnis Gesamteuropa eingelassen.

Obwohl der Warschauer Pakt sich auflöste, existiert sein Kontrahent, das Militärbündnis der Nato, in seiner alten Form weiter. Ihm wird von seinen Mitgliedern weiterhin Vorrang vor einer kooperativen Sicherheits- und Friedensstruktur der KSZE gegeben. Einige Staaten basteln sogar an der Schaffung zusätzlicher westeuropäischer Militärstrukturen. Oft ist als Begründung zu hören, alte Strukturen müßten so lange erhalten bleiben, bis neue existierten. Schließlich müsse ein Vakuum verhindert werden. Genau der gegenteilige Effekt ist wahrscheinlich: Solange nämlich die alten Strukturen präferiert werden, haben neue keine faire Chance, Gestalt anzunehmen und substantielle Kompetenzen zu erhalten.

Bei Regierungen und Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft und Nordamerika ist die Bereitschaft, durch schnelle umfassende Investitionen und Erleichterung des Handels von Ost nach West auch die wirtschaftliche Mauer mitten durch Europa zu überwinden, gering. Doch eine Veränderung der Bedingungen in den osteuropäischen Staaten, die meist als Vorbedingung für Investitionen und Handelserleichterungen verlangt wird, ist in den meisten Fällen umgekehrt abhängig davon, daß dieses wirtschaftliche Engagement sofort geschieht. Solange sich also das wirtschaftliche und militärische Gewicht so einseitig auf seiten der westlichen KSZE-Staaten ballt, so lange werden auch die Bedenken gegen KSZE-Mechanismen der Schlichtung und des Eingriffs bei Konflikten bleiben.

Damit hat sich die UdSSR in Berlin leider ein Stück weit durchgesetzt. Ähnliche Bedenken findet man auch bei der Türkei (wegen Zypern). Und stünden seit geraumer Zeit nicht ausschließlich potentielle Konflikte innerhalb der UdSSR, Jugoslawiens oder zwischen osteuropäischen Staaten im Zentrum der Aufmerksamkeit, hätte wahrscheinlich auch London Einspruch eingelegt (wegen Nordirland). Doch so wie die Konflikte in Osteuropa auszubrechen drohen, so harren andererseits auch die Zypern- oder Nordirland-Frage weiter ihrer Lösung. Andreas Zumach

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