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■ Zu den CDU-Prügeln für Limbachs Strafvollzugspolitik

Die Flucht zweier Häftlinge innerhalb von elf Tagen kam der CDU wie gerufen. So entledigten sich die Konservativen des leidigen Problems, ein Thema zu finden, mit dem man sich im Kommunalwahlkampf auf Kosten der Koalitionspartnerin SPD profilieren kann. Weil die Angriffe auf Flüchtlinge und ausländische Mitbürger für die Sicherheitspolitik der CDU uninteressant sind und die Hausbesetzer und die mißliebigen Busspuren als Zugpferde schon lange ausgedient haben, müssen mal wieder die Knackis und die SPD-Justizsenatorin Limbach dran glauben. Auch wenn es keine Beweise dafür gibt, daß die Konservativen qua Helfershelfer in den Knästen an der jüngsten Flucht mitgedreht haben, ist zumindest eines offenkundig: die Häme von Teilen der Beamtenschaft über Limbachs Prügel. Auch wenn die Beamten hier beileibe nicht alle über einen Kamm geschoren werden sollen: Den vielen Mitgliedern im reaktionären Beamtenbund ist Limbachs Strafvollzugspolitik viel zu lasch, weil alles mehr Arbeit macht, als die Gefangenen nur wegzuschließen.

Das Geschrei der CDU nach einer Verschärfung der Zugangskriterien zum offenen Strafvollzug ist ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver. Mit Hysterie und Panikmache hofft sie, ein paar Wähler mehr zu gewinnen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Limbach, die einst im rot-grünen Senat mit großen Reformvorstellungen angetreten ist, hat im Strafvollzug leider keine nachhaltigen Veränderungen bewirkt: Die Ausführungsvorschriften ihres Amtsvorgängers Oxfort tastete sie nicht an, und von einem offenen Vollzug als Regelvollzug kann in Berlin weit und breit keine Rede sein. Ein Vollzug ohne Ausgänge vor der Entlassung zur Vorbereitung auf ein straffreies Leben birgt eine größere Gefahr für Rückfälligkeit in sich als ein paar Gefangene, die beim Ausgang Fersengeld geben. Das ist die einzige berechtigte Kritik an ihrer Vollzugspolitik, erklärte unlängst die Vereinigung der Berliner Strafverteidiger. Dem ist nichts hinzuzufügen. Plutonia Plarre

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