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KOMMENTAREBefreiungsschlag

■ Die Bundeswehr definiert ihre künftige Rolle

Die letzten zwei Jahre haben das sicherheitspolitische Umfeld in Europa grundlegend verändert. Dieser Satz aus der neuen Bundeswehrdoktrin ist sicher unstrittig, fraglich ist, was daraus folgt. Die Bundeswehr hat diese Frage mit ihrer Vorlage einer neuen Sicherheitsdoktrin jetzt eindeutig beantwortet: Die Sicherung des Zugangs zu strategischen Rohstoffen und die Einflußnahme auf die Entscheidungen der Nuklearmächte durch die Bereitschaft zur Risikoteilung sind durch Selbstbescheidung nicht zu erreichen. Die Bundeswehr will aus dem bislang gültigen Korsett heraus und eine globale deutsche Außenpolitik „durch Bereitstellung angemessener militärischer Instrumente“ wirksam unterstützen.

Aus dem Papier der Hardthöhe ergibt sich, daß der entscheidende Punkt der letzten zwei Jahre nicht das Ende des kalten Krieges war, sondern die Wiederherstellung der vollen deutschen Souveränität. Während in der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt wurde, die Konsequenz der Einheit sei eine Verringerung der Bundeswehr-Sollstärke auf 370.000 Mann, bastelte die Generalität längst an einer Aufgabenstellung, die der neuen deutschen Stärke auch militärisch gerecht werden soll. Dabei ist nicht die Mannschaftsstärke, sondern die weltweite Einsatzmöglichkeit entscheidend. Das nun vorliegende Ergebnis der internen Militärdebatte enttäuscht damit alle Erwartungen auf eine „Friedensdividende“: Aus dem vermeintlichen Bedeutungsverlust wird ein strategischer Befreiungsschlag.

Tatsächlich kann dies nicht weiter verwundern: Immer wieder wurde in den letzten zwei Jahren selbst aus den Reihen des Militärs eine neue politische Vorgabe für die Bundeswehr angemahnt. Weder Stoltenberg noch Kohl und Genscher waren dazu in der Lage. Nun haben die Militärs sich ihre Vorgaben selbst zurechtgelegt und dabei natürlich kein Konzept entwickelt, mit dem sie sich überflüssig machen. Statt weiter auf politische Vorgaben zu warten, fordern sie jetzt die politische Unterstützung für ihre Vorstellungen ein.

An die Adresse der Regierungsparteien ergeht nun die Aufforderung, für den notwendigen weitgehenden politischen und gesellschaftlichen Konsens über das Einsatzspektrum der Bundeswehr zu sorgen. Mit dieser Feststellung ist auch die Opposition gefordert. Vor allem die SPD muß sich nun darüber einig werden, wie und wo sie die Bundeswehr zukünftig eingesetzt sehen will. Blauhelm- Beschlüsse, an die niemand glaubt, eröffnen den Militärs nur neue Freiräume. Jürgen Gottschlich

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