KOMMENTAR: Aufgabe der Presse
■ Polizei muß Datenschutz erst noch lernen
Haben die Skandale mit vertraulichen Daten über Personen, die Polizeibeamte beim privaten Umzug in den Müll schmeißen oder auf dem Speicher „vergessen“, irgendwelche Konsequenzen? Die Bürgerschaftsdebatte gestern hinterließ daran Zweifel. Der Polizeipräsident hat in einem Mitteilungsblatt die Beamten zu „äußerster Gewissenhaftigkeit“ mit vertraulichen Daten aufgefordert. Kein Wort des Bedauerns gegenüber der Frau, in deren Wohnung die Polizei ohne Rechtsgrundlage eingedrungen ist. Kein Bedauern auch über die durch keine Rechtsgrundlage gedeckte Drohung mit der Strafanzeige.
Der Innensenator mußte zugeben, daß Datenschutz noch „in die Köpfe der handelnden Beamten hineinkommen“ muß. Gleichzeitig schimpfte er wieder auf die Journalisten und forderte potentielle Finder auf, wenn sie schon kein Vertrauen zur Polizei hätten, solche Unterlagen direkt an den Datenschutzbeauftragten zu geben. Der einzige, der dem widersprach und von der „Aufgabe der Presse“ redete, „Bewußtsein für solche Rechtsverletzungen zu wecken“, war der FDP-Mann Jäger. Solange der Innensenator dem Polizeipräsidenten freie Hand läßt, ist die große Glocke der Medien das einzige, was Druck auf die Polizei macht.
Klaus Wolschner
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