KOMMENTAR: Rehabilitations-Ausschuß
■ St.-Jürgen-Ausschuß: langweilig und gerecht
Die Luft in der Bürgerschaftslobby vor dem Sitzungssaal des St.-Jürgen-Ausschusses wird dicker. Die Zigarettenpausen der journalistischen Dauergäste werden länger, die Zuschauerränge werden leerer. Sei's, daß die jüngsten Attacken gegen den Ausschuß insgeheim Wirkung gezeigt haben, sei's, daß der heimliche Respekt vor den persönlichen Konsequenzen der Zeugen Grund für die laue Stimmung der parlamentarischen Skandalermittler ist. Luft und Schärfe scheinen raus aus, die Verhältnisse beginnen sich umzukehren.
Ohne daß ihm ernsthaft jemand widersprochen hätte, konnte gestern Bremens ranghöchster politischer Beamter für die „Entdramatisierung“ der St.-Jürgen-Affären plädieren, sie sozusagen als Normalzustand behördlicher Reibungsverluste mit individuell kriminellen Ausreißern beschreiben. Das politisch-persönliche Abfallprodukt des gestrigen Verhandlungstags für seinen Lieblingsbeamten begriff dabei gestern niemand besser als Klaus Wedemeier: Der Ausschuß arbeitet unter der Hand an der Rehabilitation derer, die er ein halbes Jahr mit Fleiß und zu Recht demontiert hat. Für's skandalverwöhnte Bremer Publikum mag das langweilig werden, gerecht ist's allemal. Klaus Schloesser
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