KOMMENTAR: Notgedrungene Tugenden
■ 100 Tage Senat: Von den Vorzügen der Mittelmäßigkeit
Die List der Vernunft hat in Bremen die Gestalt der Senatskrise angenommen. „Mittelmäßig“, „profillos“, „durchschnittlich“ waren die häufigsten Etiketten, als Klaus Wedemeier nach possenreifem Personalgekungel Ende letzen Jahres seine neue SenatorInnenriege präsentierte. Ironie der Geschichte: Gerade weil die Attribute von damals viel Wahres hatten, könnten die Entscheidungen richtigen gewesen sein.
In nur 100 Amtstagen hat das „unbeschriebene Blatt“ Sabine Uhl sich erst mit Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer angelegt und riskiert jetzt obendrein einen handfesten Krach mit Finanzsenator Claus Grobecker. Ob die no-name-Senatorin Uhl dabei klammheimlich auch auf's eigene Renomee schielt, kann den Betroffenen egal sein. Wichtiger ist, daß sie die Konflikte an den richtigen Sachfragen riskiert hat. Im Ergebnis gibt es erstmals Aussichten auf eine vernünftige Kita-Vorsorgung in Bremen. Der „profilierte“ Henning Scherf hätte solche Probleme wahrscheinlich noch jahrelang mit Charisma statt Geld und Personal erledigt. Als bildungspolitischer Anfänger lernt auch Scherf derzeit, daß Aktenstudium und Gespräche manchmal die sinnvolleren Wege darstellen. K.S.
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