KOMMENTAR: Offiziell unbekannt
■ Roma geistern durch die Bremer Amtsstuben
Offiziell gibt es in Bremen überhaupt keine Roma. Zwar leben zwischen 300 und 500 Roma in Bremen, die meisten von ihnen kamen in den vergangenen Monaten aus Osteuropa. Genau weiß die Zahl jedoch niemand, denn die Behörden erfassen seit 1988 nur noch Nationalitäten in ihrer Statistik, nicht aber ethnische Zugehörigkeiten — mit gutem Grund: Schließlich war die Registrierung von Zigeunern im Nationalsozialismus Grundlage des Völkermords, dem vor 50 Jahren 500.000 Sinti und Roma zum Opfer fielen.
Offiziell existieren die Roma zwar nicht, tatsächlich geistern sie in Bremer Amtsstuben jedoch durch viele Köpfe. Immer wenn BremerInnen fremder Paß- oder Gesichtsfarbe durch nächtelange lärmende Familienfeste, durch Ladendiebstahl oder Trick-Betrug auffallen, geht den Beamten eine Schublade auf: Zigeuner. So das alarmierende Ergebnis des internen Gutachtens für den Sozialsenator.
Gut wäre es, beides endlich offiziell zur Kenntnis zu nehmen: das miserable Leben von Roma in Bremen und die miesen Vorurteile bei den Bremern. Noch besser wäre es, beides auch zu ändern — und zwar gleichzeitig. Dirk Asendorpf
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