KOMMENTAR: Trendwende
■ Zur Bonner Initiative für die Hauptstadt Berlin
Na endlich: Nun sprechen sich also Bonner Spitzenpolitiker geschlossen dafür aus, in der Zukunft Berlins mehr zu sehen als eine Operettenhauptstadt. Zugegeben: Die Anzahl von elf Namen wirkt — gemessen an den 255 Abgeordneten, die sich vergangene Woche für Bonn starkgemacht hatten — eher lächerlich. Und große Namen haben beide Seiten zu bieten, da können die drei Bundesminister und zwei Fraktionschefs nicht gegen die Bonn-Fans Blüm und Ehmke aufgewogen werden. Dennoch markiert der gestrige Aufruf eine Trendwende in der Diskussion um den zukünftigen Sitz von Regierung und Parlament und damit um die Zukunft dieser Stadt.
Denn: Die Berlin-Gegner werden zunehmend mit dem Stigma der behäbigen, provinziellen Besitzstandswahrer belegt. Bundespräsident von Weizsäcker hat die Richtung mit seinem Memorandum vorgegeben, und die neue Initiative greift diesen Faden geschickt auf. Und so ist auch die Strategie des neuen Berliner Senates aufgegangen, in der Hauptstadtfrage nicht mehr so stark die Federn zu spreizen, wie es Mompers rot-grünes Kabinett mit einer großflächigen Anzeigenkampagne und großspurigen Sprüchen getan hat. Wie der gesamte Einigungsprozeß ist auch die Hauptstadtfrage mit Ängsten besetzt — und da verspricht stille Diplomatie mehr Erfolg als lautes Getöse. Berlin hat es in den letzten Wochen verstanden, andere für sich werben zu lassen und damit den Hauptstadtstreit von einem kleinkrämerischen Städtekampf in eine Entscheidung von zumindest großer symbolischer Bedeutung für den unabgeschlossenen Einigungsprozeß der ehemaligen zwei deutschen Staaten zu verwandeln.
Unverständlich bleibt jedoch, warum sowohl die gestern aufgetretene Gruppe als auch Bürgermeister Diepgen von langen, mehr als zwölf Jahre dauernden Fristen ausgehen. Wenn sie es ernst meinen mit ihrem Einsatz für die Hauptstadt Berlin, dann darf es in diesem Jahr nicht nur um die politische Weichenstellung gehen. Die Berlinförderungen werden schließlich auch in einem kürzeren Zeitraum abgebaut. Axel Kintzinger
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