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KOMMENTARNur der Anfang

■ Die Konfliktparteien im Nahen Osten müssen nun ihre Verantwortung wahrnehmen

Seit dieser Woche steht Madrid für einen historischen Einschnitt in der Geschichte des Nahen Ostens. Zum ersten Mal seit über vierzig Jahren saßen hier die Konfliktparteien zusammen an einem Tisch, versicherten sich gegenseitig ihrer Absicht, sich auf einen Friedensprozeß einzulassen, hörten mit unbewegten Mienen den zum Teil unnachgiebigen und einseitigen Beiträgen der Gegenseite zu, ohne jedoch den Saal zu verlassen.

Der Charakter der öffentlichen Eröffnungsrunde, die Statements und Repliken, die auch die Befindlichkeiten in den jeweiligen Ländern berücksichtigen mußten, ließen von vornherein erwarten, daß hier auf starre, maximalistische Weltbilder zurückgegriffen, daß alte Wunden aufgerissen und die Selbstwahrnehmung der anderen Seite in ihrer jeweils eigenen historischen, kulturellen und politischen Identität verletzt werden würde.

Es war eine Veranstaltung, die von tiefen Emotionen geprägt war. Zu einem Zeitpunkt, an dem in der Region selbst Mißtrauen und Unterstellungen statt des häufig eingeklagten Vertrauens und Verständnisses vorherrschen, konnte das auch gar nicht anders sein. Die dreitägige Konferenz war nicht der Ort von Verhandlungen oder von Kompromissen und auch nicht so angelegt.

Man hätte hoffen mögen, daß einzelne über ihren Schatten springen und das Podium der Konferenz, die Scheinwerfer der Weltöffentlichkeit, für die Ankündigung positiver Schritte nutzen würden, um ein konkretes Signal zu setzen, daß sie es mit ihren Intentionen ernst meinen. Doch vermutlich ist es gerade jenes Mißtrauen, das in einigen Reden auch noch weiter genährt wurde, das solch einseitige Erklärungen des guten Willens ohne die Zusicherung von Gegenleistungen noch verhindert.

Ein Einschnitt also, aber zunächst auch nicht mehr als ein Beginn. Nichts zeigt das besser als die Tatsache, daß die einzig wirklichen Verhandlungen in den letzten Tagen zunächst ohne Ergebnis blieben: US-Außenminister Baker mußte trotz aller Bemühungen das Ende der Konferenz bekanntgeben, ohne Ort und Beginn der entscheidenden bilateralen Verhandlungen zwischen Israel und seinen Nachbarn ankündigen zu können. Das unnachgiebige Beharren der israelischen Delegation auf einen Auftakt der Gespräche in Israel ist vermutlich nur eine der maximalistischen Positionen, die die bevorstehenden Verhandlungen immer wieder behindern werden. Dies würde die De-facto-Anerkennung des jüdischen Staates durch die arabische Seite bedeuten — ohne jedwede Gegenleistung und mit der absurden Erwartungshaltung gegenüber den Palästinensern, daß diese nicht auf neutralem Boden, sondern in einer hochgradig ungleichen Situation im Lande des Besatzers zu Verhandlungen bereit wären.

Am Freitag konnte Baker sich noch um eine Vermittlung bemühen; erst wenn die bilateralen Gespräche von Angesicht zu Angesicht ohne Dritte stattfinden, wird der eigentliche Weg in Richtung Frieden beschritten werden. Die USA und die Sowjetunion haben die Teilnehmer ihres Engagements versichert, eines Engagements, das sicher nicht mit dem gestrigen Tag beendet ist. Letztendlich jedoch werden die Konfliktparteien selbst die Verantwortung für Erfolg oder Mißerfolg des Prozesses übernehmen müssen — gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung, der Region und der Weltöffentlichkeit. Um mit Baker zu sprechen: Nach vier Jahrzehnten Krieg und Gewalt wartet die Welt immer noch darauf, daß die Beteiligten den Frieden wählen.

Einen Weg dahin haben die USA und die Sowjetunion bereits im Einladungsschreiben für die Konferenz, das alle Konfliktparteien akzeptiert haben, festgeschrieben: das Prinzip „Land gegen Frieden“. In den Beiträgen Bushs und Bakers wurde diese Basis der Verhandlungen durch ein weiteres Prinzip ergänzt: das der Sicherheit. Kein Frieden ohne Land also, kein Frieden ohne Sicherheit, keine Sicherheit ohne Land.

Das entspricht auch dem Angebot des palästinensischen Konferenzvertreters an Israel. Es waren gerade die Beiträge Haidar Abdul Shafis, des Repräsentanten der immerhin ganz direkt am Kern des Konflikts Beteiligten, die sich in den letzten Tagen besonders positiv abhoben. Wenn der palästinensische Delegierte sich für ein minimales gegenseitiges Verständnis aussprach, dann ist es wahrlich höchste Zeit, daß der „Olivenzweig in den Händen des palästinensischen Volkes“ (Shafi) von Israel und den arabischen Staaten entgegengenommen wird. Beate Seel, Madrid

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