piwik no script img

KOMMENTARLeichtgewicht Diepgen

■ Der Bonner Mietenbeschluß ist in erster Linie eine Niederlage des Regierenden Bürgermeisters

Berlin, so lehrt die Abstimmung im Bundestag, darf sich stückweise dreingewöhnen, wie sich Metropole künftig buchstabiert. Ein wenig von jener Vergeltungsmentalität, die in Bonn seit der Hauptstadt-Niederlage zu finden ist, haftet dem Mietenvotum zwar auch an. Aber das reicht als Erklärung nicht hin. Es ist eine Niederlage der Stadt, vor allem aber eine des Regierenden Bürgermeisters Diepgen. »Ein Schlag ins Gesicht der Berliner Mieter«, hatte Diepgen getönt, als Anfang November bereits das Bundeskabinett den Berliner Wunsch verwarf, bei der Kappungsgrenze von zehn Prozent bei Neuvermietungen zu bleiben. Diepgen gelobte, mit seinen regierenden Parteifreunden in Bonn zu reden — zeitgleich zum Landesparteitag der CDU haben die Bonner auch deutlich gemacht, als welch politisches Leichtgewicht der Landesvorsitzende Diepgen am Rhein gilt. Auch in der SPD wird sich mancher fragen, ob es zu diesem Ergebnis nun unbedingt einer großen Koalition bedurft hätte.

Die Schadenfreude, daß die Bonner selbst bald ernten, was sie jetzt anrichten, kann man sich sparen. Denn deren Umzug, das kann als sicher gelten, wird mit einer selbst bewilligten Hauptstadtzulage abgefedert werden. Gnadenlose Zeiten aber kommen jetzt auf die Mieter von 475.000 Altbauwohnungen zu. Zwar darf nur bei den rund 20.000 Mietern, die jedes Jahr die Wohnung wechseln, hemmungslos aufgeschlagen werden. Doch am Ende zahlen alle: die teuren Neuabschlüsse von heute finden morgen über den Mietspiegel auch bei allen anderen Mietern ihren Niederschlag. Am schärfsten wird der Preishammer ausgerechnet in den schlechten Wohnquartieren der Stadt zuschlagen: je schlechter die Wohnungen, desto höher die Umzugsquote und um so höher die Steigerungsrate. Diese jetzt schon geltende Formel wird künftig in innerstädtischen Bezirken wie Kreuzberg für sozialen Sprengstoff sorgen. Die Meinung der FDP, die Berliner hätten sich eben an die Metropolenpreise zu gewöhnen, ist ebenso zynisch wie falsch. Die Liberalen müßten beantworten, was die hochgehaltene Marktwirtschaft noch wert ist, wenn ganze Stadtteile nur noch mit massivstem Wohngeld zu befrieden sind. Gerd Nowakowski

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen