piwik no script img

KOMMENTARKalter Knut und heiße Luft

■ Auf den Smog-Ernstfall ist die Stadt nicht vorbereitet, teilte Umweltsenator Volker Hassemer mit

Über Smog gesprochen, das stellte Umweltschutz-Senator Volker Hassemer ebenso launig wie richtig vor der Pressse fest, habe man schon vielfach. Etwas Neues wäre es dagegen gewesen, wenn beim Thema dicke Luft nun endlich gehandelt wird. Aber vom Senat kommt weiterhin nur heiße Luft. Auf den Ernstfall ist die Stadt jedenfalls nicht vorbereitet. Offenbar hat der Senat die noch vom rot-grünen Senat verabschiedete Smog-Verordnung als ungeliebte Erblast ganz weit links liegen gelassen. Hassemer demonstriert zudem seit langem, daß Umwelt für ihn nur ein Randthema ist und er sich vor allem als Senator für die Metropole versteht. Die Verkehrsbetriebe, so erfahren wir am Ende der ersten smogträchtigen Woche des Winters, könnte die zum Zwangsumstieg verdonnerten Autofahrer auch beim besten Willen nicht aufnehmen. Die Polizei hat die Schilder, die die Autofahrer zum Umsteigen auffordern müssen, überhaupt noch nicht installiert. Für die Pendler, die aus dem brandenburgischen Umland nach Berlin kommen, ist es ganz zappenduster: bei Smog zusätzliche Vorortzüge und Busse einzurichten, fühlt sich die BVG finanziell erst recht überfordert. Den Versuch, in dieser Frage mit dem Land Brandenburg zu einer Lösung zu kommen, aber hat der Senat nicht einmal unternommen.

Die »sieben Gebote für die Smog-Zeit«, mit denen Hassemer gestern die Bevölkerung zu smoggerechtem Verhalten aufforderte, sind angesichts der eigenen Untätigkeit nur eine larmoyante Unverschämtheit. Der im Metropolenwahn begriffene Senat hat offensichtlich immer noch nicht verstanden, daß die Stadt nur dann eine lebenswerte Zukunft hat, wenn endlich umgedacht und umgeschaltet wird. »Hand aufs Herz: wissen wir eigentlich alle, was bei Smog-Alarm zu beachten ist?« lautete der neckische erste Satz der Presseeinladung. Nach der gestrigen Vorstellung des Senators brauchen wir das wohl auch nicht zu wissen, weil im Bedarfsfall eh alles egal ist. Die Hoffnungen der Berliner werden deshalb auch in Zukunft eher darauf ruhen, daß der eiskalte »Knut« mit seiner smogtreibenden Inversionswetterlage rechtzeitig von alleine über der Stadt abzieht, als auf dem freundlichen Volker aus dem Rathaus. Gerd Nowakowski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen