KOMMENTAR: Heckelmann muß gehen
■ Jetzt ist der richtige Moment für eine Senatsumbildung
Aus dem Rücktrittsgesuch des Polizeipräsidenten ist eine Koalitionskrise geworden. Das ist gut so. Sie reißt die große Koalition aus dem Trott einer Politik, die sich als Verteilung von Schrebergärten versteht, deren Zäune tabu sind. Das hat die Innenpolitik zur Beute der CDU werden lassen. Was Innensenator Heckelmann an der Polizei exekutiert, ist meilenweit von SPD-Positionen entfernt. Heckelmann, der als gestaltende politische Vision vor allem auf die Kraft der Intrige setzt, geht mit seinem paranoiden Hütchenspieler-Wahn an die Grundlagen polizeilicher Arbeit. Die Polizei vor allem auf Kleinkriminelle zu hetzen ist nichts als optische Kosmetik. Im Ergebnis wird die Polizei intellektuell abgerüstet — nicht aber befähigt, der hochentwickelten Kriminalität der Wirtschaftsgangster, Drogenkapitalisten, Umweltsäue und Vereinigungsbetrüger auf die Spur zu kommen. Wem außer möglicherweise der CDU-Klientel kann daran gelegen sein?
Nichts spricht für die SPD dagegen, dem Polizeipräsidenten demonstrativ das Vertrauen auszusprechen — außer der eigenen Angst vor der Kraftprobe. Die unerwartete Vorlage von Schertz aufzugreifen aber scheut sich offenbar die SPD, weil man die Weiterungen des Konflikts fürchtet. Doch die Gunst des politischen Augenblicks läßt sich nicht planen — nutzen ließe sie sich. Wenn es einen richtigen Zeitpunkt für eine Senatsumbildung gibt, dann jetzt. Wenn die SPD die Arbeit des Senats noch positiv verändern möchte, muß sie nun den Streit wagen: Heckelmann muß weg. Gesundheitssenator Luther und Verkehrssenator Haase, die beide überfordert sind, auch. Auch bei der SPD böten sich Dreingaben an. Sich Streiten mag weh tun, ist aber unerläßlich. Die Krise der Polizei, die eine Krise der Politik ist, auf dem Verwaltungswege zu lösen, hieße, der CDU die Polizei gänzlich auszuliefern. Das wird die SPD langfristig mehr schmerzen. Gerd Nowakowski
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