KOMMENTAR: Verwaltungshandeln
■ Senat setzt bei Kriegsflüchtlingen weiter auf Quoten
Was vorgestern noch wie ein Hoffnungsschimmer im Verwaltungshandeln aussah, entpuppte sich gestern als Seifenblase: Trotz der unerwartet großen Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung, privat Kriegsflüchtlinge aus Jugoslawien aufzunehmen, erklärte die Sozialverwaltung gestern, »zunächst« nicht auf diese Angebote zurückgreifen zu wollen. Die 110 Flüchtlinge, die Berlin aufnehmen soll, werden in staatlichen Heimen untergebracht, von mehr Flüchtlingen geht man offenbar nicht aus. Nach Angaben der Grünen, die gemeinsam mit der taz zu einer »Aktion Fluchtweg« aufgerufen hatten, lagen gestern bei mehreren Berliner Initiativen bereits über 1.000 Angebote von Privatpersonen vor, die dem Senat weitergeleitet werden sollen. Trotz der freundlichen Aufnahme der Initiatoren bei Diepgen noch am Vortag bekamen die politisch Verantwortlichen gestern offenbar kalte Füße. In einer Situation, in der Kreativität und unbürokratisches Handeln gefragt sind, ziehen sie sich auf gesetzliche Quoten zurück. Zugegeben: Die private Unterbringung von Flüchtlingen ist ein schwieriges Unterfangen, lädt jenen eine große Verantwortung auf, die sich dazu bereit erklären. Selbst wenn unter den Angeboten auch unseriöse sein sollten, bleibt es unverständlich, warum der Senat jetzt einen Rückzieher macht. Schlimm genug, daß erst die Fernsehbilder von Flüchtlingszügen der Öffentlichkeit ins Bewußtsein brachten, daß Krieg herrscht in Europa, daß sich die größte Fluchtbewegung seit Ende des Zweiten Weltkriegs vollzieht. Die Chance für die Menschen, die in den privaten Initiativen liegt, ist zu groß, als daß sie ignoriert werden kann. Die Regierenden sind in der Pflicht, zu handeln und die günstige öffentliche Stimmung zu nutzen. Kordula Doerfler
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