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KOMMENTARVerhöhnung der Bürger

■ Die Kriegsflüchtlinge müssen in Massenquartiere

Was sollen wir nur jenen BürgerInnen erzählen, die immer noch bei der taz anrufen und Privatquartiere für bosnische Kriegsflüchtlinge anbieten? Auf die Weigerung des Senats, ihre Hilfsbereitschaft dankend anzunehmen, reagieren viele enttäuscht und verbittert. Sie fühlen sich verhöhnt.

Ähnlich ergeht es den VertreterInnen der »Aktion Fluchtweg«, darunter die Kommentatorin selbst, die am Donnerstag noch sehr freundlich vom Regierenden Bürgermeister empfangen worden waren. Sozialstaatssekretär Armin Tschoepe versucht nun im nachhinein, alles als ein »Mißverständnis« hinzustellen, Diepgen habe nur den guten Willen der BerlinerInnen loben wollen und keinerlei Zusicherung für die private Unterbringung von Flüchtlingen gegeben. Aber das etwa halbstündige Gespräch mit ihm kreiste um nichts anderes! Eberhard Diepgen sicherte eine schnelle Überprüfung der organisatorischen Fragen durch die Sozialbehörde zu, zum Beispiel die, wer die Kosten für die Behandlung eines kranken Flüchtlings übernimmt, oder daß die Verwaltung das Recht haben müsse, sich die Quartiere vorher anzuschauen. Wenn der Senat nur Engagement loben wollte, dann hätte eine Pressemitteilung genügt.

Oder wollte er eine Aktion zur Förderung der Politikmüdigkeit starten? Nach dem Motto: »Denen da oben ist doch nicht zu trauen«. Denn aus der Sache selbst ist sein Verhalten nicht zu erklären. Finanzielle und organisatorische Gründe können nur am Rande eine Rolle spielen. Auch die anderen von Armin Tschoepe aufgeführten Gründe klingen wenig überzeugend. Sein Argument, die Flüchtlinge wollten zunächst einmal Ruhe, scheppert angesichts von Mehrbettzimmern in den Übergangseinrichtungen ein wenig zynisch in den Ohren. Man kann hier nur spekulieren, wie es nun auch viele frustrierte Hilfswillige tun, daß den Regierenden eine positive Aufwertung der Asylfrage anscheinend nicht in den Kram paßt.

Was also sollen wir den BürgerInnen erzählen? Daß die »Aktion Fluchtweg« weitergeht und daß auch sie mit dem Druck auf Berlin und Bonn, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, nicht locker lassen sollten. Und daß der Senat, wenn er partout keine Privatunterkünfte haben will, die Flüchtlinge dann ja in seinen vielen freien Plätzen unterbringen kann. Ute Scheub

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