KOMMENTAR: Falsche Lösungen
■ Planungsrecht abschaffen führt zu mehr Korruption
Einfache, aber falsche Lösungen für Probleme, die man selbst verursacht hat, bietet Bonn derzeit an. Das Chaos in den neuen Ländern ist unübersehbar. Es gibt mehr zusammengebrochene Industriebetriebe als Baustellen, und die Investitionsfreude westdeutscher Unternehmer hält sich in Grenzen. Da findet man, nicht zum ersten Mal, einen Sündenbock: Das Planungsrecht sei zu kompliziert, gehöre ausgesetzt und im Grunde abgeschafft, am liebsten auch in Westdeutschland. Einsprüche von Bürgern und Umweltverbänden halten, glaubt man, nur den Bauboom auf.
Daß solche Bonner Pläne bei den BürgerInnen zur Politikverdrossenheit führten, mag sein, ist aber nicht der Hauptgrund, sich dagegen auszusprechen. Zum einen haben BürgerInnen per se das Recht, mitzureden, wie es da, wo sie wohnen, aussieht, zumal sie die Autobahnen und Abschreibungsbauten mittels ihrer Steuern finanzieren. Ob man in Ländern, in denen schon mehr Minister wegen korrupter Verwicklungen zurückgetreten sind, als woanders aus Altersgründen ausscheiden, Entscheidungen über Millionenvorhaben in das Ermessen einzelner, schlecht bezahlter Beamter stellen sollte, ist ohnehin fraglich. Vor allem aber ist das komplizierte Planungsrecht gar nicht der Grund für den ausgebliebenen Aufschwung Ost. Das sind vielmehr die ungeklärten Eigentumsverhältnisse, die aus dem Prinzip »Rückgabe vor Entschädigung« resultieren. An dessen Umkehrung traut sich jedoch die Regierungskoalition nicht heran, das würde die wirtschaftlichen Interessen ihrer Klientel beschneiden. Da vergreift man sich lieber an den Rechten von Anwohnern und Naturschützern. Eva Schweitzer
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