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■ KOMMENTARNostalgiepolitik

Ende der 80er Jahre ging ein gewaltiger Ruck durch die deutsche Gewerkschaftsbewegung. Die Aufarbeitung von Demokratie- und Kompetenzdefiziten, die Ablösung der alten Garde der wirtschaftswunderlichen Sozialpartner-Genossen und der glaubwürdige Versuch einer gesellschaftlichen Öffnung versprachen den Aufbruch zu neuen Ufern.

Die Gewerkschaften hatten, so schien es, begriffen, daß Neue-Heimat-Filz, der gesellschaftliche Wertewandel, die radikale Umwälzung der Arbeitsgesellschaft und die fortdauernde Strukturkrise des Industriekapitalismus andere Antworten als zentralistische Tarifpolitik, sture SPD-Treue und patriarchalen Strukturkonservatismus verlangen.

Heute diagnostizieren hellsichtige Beobachter wie Eberhard Fehrmann, Chef der Bremer Angestelltenkammer, die Rückkehr der Nostalgiepolitik: „Die Niederlage der Modernisierer bedeutet den Abbruch des gewerkschaftlichen Reformprozesses und die Reproduktion überlieferter Strukturen mit modernen Mitteln“.

In Reinbek demonstrierte der DGB am Wochenende, wie dies praktisch vor sich geht. Die Krise von Wirtschaft, Politik und Gewerkschaft begreift der DGB nicht als Herausforderung und Chance, sondern als Bedrohung, auf die es mit alten Tugenden zu reagieren gilt: Schulterschluß mit der SPD, Konzentration auf Großbetriebe und alte industrielle Strukturen, Jagd auf Kritikaster und Erneuerer.

Das Motto lautet offensichtlich: Ein Wahlsieg von Scharping und alles wird gut. Die Prinzipien der künftigen Arbeit sind kaum origineller: Hohles modernistisches Wortgeklingel, rigider Zentralismus, autoritäre Hierarchien, veraltete Arbeitsformen und routinierte Gremienarbeit. Florian Marten

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