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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON KARIM EL-GAWHARY ZUR EXEKUTION DES JOURNALISTEN STEVEN SOTLOFF IN SYRIEN Wir haben nicht zugehört

Die Rede ist von der Barbarei der wenigen, nicht von der Verzweiflung der vielen

Es entbehrt nicht der Ironie, dass die Dschihadisten der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ausgerechnet jenen Journalisten öffentlich die Kehle durchschneiden, die einst nach Syrien gereist waren, um über das Leiden der syrischen Bevölkerung zu berichten; die versucht haben, die Umstände in Worte zu fassen, warum Menschen in Syrien gegen das Regime zur Waffe griffen und warum manche von ihnen in den Reihen der militanten Islamisten gelandet sind.

Steven Sotloff und der vor zwei Wochen ermordete James Foley haben sich in Gefahr begeben, um den Menschen und ihrer Verzweiflung eine Stimme zu geben, in einer Zeit, in der die Medien den Krieg in Syrien fast vergessen und andere Konflikte auf die Tagesordnung des wandernden Krisenzirkus gesetzt hatten.

Und nun führt der grausame Tod der beiden Journalisten dazu, dass in den Zeitungen wieder von der Barbarei der wenigen die Rede ist und nicht von der Verzweiflung der vielen. Der berechtigte Aufschrei über den brutalen Mord an den Journalisten verdeckt, wofür sie gearbeitet und wovon sie berichtet haben. Etwa über die Menschenschlangen vor den Bäckereien in Aleppo, die vom Assad-Regime bombardiert wurden, oder Sotloffs Reportage über den eisigen Winter in einem der Flüchtlingslager in Syrien. Die beiden Journalisten haben gute Arbeit geleistet, wie so viele andere lokale syrische Journalisten, über deren Schicksal wir nie etwas erfahren.

Am ersten Tag des Ramadan war etwa der syrische Fotojournalist Bassam Rais von den Henkern der IS ermordet worden. Diesmal gab es kein IS-Propaganda-Video, denn wen in der weiten Welt kümmert der Tod eines syrischen Journalisten? Trotzdem war es eine öffentliche Exekution auf einem Feld mit Zuschauern. Internationale Medien haben darüber mit keiner Zeile berichtet. Es war ja nur ein syrisch-muslimischer Kollege.

Westliches Wegsehen und auch ein Stück Arroganz und arabische Verzweiflung sind die Grundstoffe, die die IS zu dem gemacht haben, was sie heute ist: eine Organisation, auf deren Gräueltaten wir nun angstvoll blicken. Hätten wir doch schon früher Augen und Ohren geöffnet, und hätten wir doch Foley und Scotloff zugehört. Wir hätten verstanden, wie die IS in den Trümmern des syrischen Krieges entstanden ist. Oder, noch besser, wir hätten vielleicht sogar etwas dagegen unternommen.

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