KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON ÜBER FRANKREICHS INTERVENTION IN MALI : Immer diese Alleingänge
Prinzipiell ist wenig dagegen einzuwenden, mit Kampfhubschraubern und Luftangriffen gegen die bewaffneten Islamisten vorzugehen. Die islamistischen Milizen genießen kaum Unterstützung in der Bevölkerung Malis, sie erheben die Zerstörung der malischen Gesellschaft und Kultur zur Tugend und haben das legitime Streben der malischen Tuareg nach Autonomie unterwandert und instrumentalisiert. Und sie haben das einst stabilste Land der Sahelzone in einen Brandherd verwandelt.
Jetzt schicken sie sich an, nach der Eroberung der Nordhälfte Malis auch den Süden des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen. Eigentlich wäre das, was Frankreich jetzt tut, schon im Frühjahr 2012 fällig gewesen, als der islamistische Feldzug begann, und nicht erst jetzt, viele leidvolle Monate später.
Das Problem bei der französischen Intervention ist, dass es eine französische Intervention ist. Und zwar eine im klassischen neokolonialen Stil schmutziger Afrikakriege: Ohne Beteiligung des französischen Parlaments machen sich französische Kampftruppen aus ehemaligen französischen Afrika-Kolonien auf den Weg, während Minister in Paris noch das Gegenteil behaupten. Die Operation wird erst offiziell, als sie längst im Gange ist. Aber nicht einmal dann wird die genaue Anzahl der eingesetzten Soldaten bekannt gegeben, geschweige denn Ausmaß, Umfang, Dauer und genaueres Ziel des Einsatzes. Andere frankofone Länder der Region werden eingespannt, um dem Feldzug einen afrikanischen Anstrich zu geben. Mit der UNO spricht man sich nicht ab.
Das hat System. Seit Weihnachten intervenieren französische Soldaten diskret in der Zentralafrikanischen Republik, die französische Diplomatie trommelt für einen verstärkten Einsatz gegen Rebellen im Kongo, und jetzt landen französische Fallschirmjäger in Mali. Alles ohne jede öffentliche Debatte in Frankreich selbst oder gar mit europäischen Partnern.
Afrika ist traditionell ein Politikfeld, bei dem die französische Regierung überhaupt nicht einsieht, dass sie sich mit irgendjemand absprechen sollte – obwohl sie sonst ja gern nach der europäischen Einigung kräht. Eine linke Außenpolitik in Frankreich würde bedeuten, das zu ändern. Ist es zu viel verlangt, von der neuen Regierung Hollande eine reformierte Außenpolitik in Afrika zu erwarten?
Offenbar schon, leider. Als die Sozialisten zuletzt an der Macht waren, unter François Mitterrand, unterstützten sie den Völkermord in Ruanda. Eine wirkliche Aufarbeitung dessen hat es in Frankreich nicht gegeben, auch nicht aufseiten der Linken. Es war der konservative Nicolas Sarkozy, der 2007 mit seinem ersten Außenminister Bernard Kouchner erstmals Bewegung in den verkrusteten Gaullismus brachte.
Sarkozy wurde dann viel kritisiert für die französische Beteiligung an Militärinterventionen in Libyen und der Elfenbeinküste, aber diese Einsätze fanden immerhin unter international streng definierten Rahmenbedingungen statt. Dass Hollande hinter Sarkozy zurückfällt – wer hätte das gedacht?