KOMMENTAR: ILKA KREUTZTRÄGER ZUM VERBOT DES HUMANISTENTAG-SLOGANS IN DER HOCHBAHN : Gut nur mit Gott
Jeden Tag fahren rund eine Million Menschen mit der U-Bahn durch Hamburg. Wer auf den Monitoren, die in den Bahnen hängen, Werbung schaltet, hat also eine recht große Reichweite. Davon wollte auch der Deutsche Humanistentag, der kommende Woche zeitgleich mit dem Kirchentag stattfindet, profitieren und dort vier Tage lang für sich werben.
Bis der Hochbahn einfiel, dass sich die Fahrgäste bestimmt über den Slogan „Gut ohne Gott“ beschweren werden, und den Vertrag stornierte. Sicherlich wird es Fahrgäste geben, denen „Gut ohne Gott“ nicht passt und die es vielleicht als Affront auffassen, zumal die ganze Stadt voll sein wird mit Christen. Andererseits sind nach Angaben der Evangelischen Kirche Deutschlands weniger als 30 Prozent der HamburgerInnen Mitglied einer Kirche – da liegt es nahe, dass sich auch Fahrgäste am beworbenen Kirchenmotto „Soviel du brauchst“ stören werden. Aber diese potenziellen Beschwerden gelten der Hochbahn wohl nichts – der Kirchentag darf Werbung schalten.
Wenn die Hochbahn die Gegenveranstaltung ausschließt, spielt sie sich damit zu einer Art Türsteher auf und lässt nur rein, wer gefällt. Doch die U-Bahn ist eben kein privater Raum und darum kann die Hochbahn Inhalte nicht einfach nach „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“ filtern.
Wozu gibt es rechtliche Regelungen wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz von 2006? Aus dem geht eindeutig hervor, dass Werbeflächen im öffentlichen Raum allen Mitgliedern der Gesellschaft gleichermaßen offen stehen müssen – und zwar unabhängig von Religion und Weltanschauung. Wenn der Kirchentag werben darf, die Humanisten aber nicht, ist es nicht ganz abwegig, da mal leise von Zensur zu sprechen. Denn genau genommen geht es lediglich um einen Veranstaltungshinweis – mit oder ohne Gott. Es ändert auch nichts, dass die Hochbahn nun von einem Missverständnis spricht und zurückrudert. Die Hochbahn arbeitet eng mit der Stadt und der Kirchentagsorganisatoren zusammen, und wenn die Gegenveranstaltung aus dem U-Bahn-Werbeprogramm rausgehalten werden soll, klingt das Reden von einem Missverständnis doch schwer nach Ausrede. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Und es ist gut, dass sich die Humanisten das nicht gefallen lassen. Eindeutiger kann eine ungleiche Behandlung kaum sein.
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