KOMMENTAR: HENNING BLEYL ÜBER „JUDEN-AUKTIONEN“ : Jetzt sind alle an der Reihe
Das Finanzamt ist einen wichtigen Schritt gegangen: Es hat seine substantielle Verstrickung in den Nationalsozialismus wissenschaftlich erforschen lassen. Der entsprechende politische Wille der Ressortspitze wurde schon 2009 deutlich, als sie einen Stolperstein vorm Haupteingang verlegen ließ: Obersteuersekretär Oskar Goldberg starb 1940 schwer misshandelt in Sachsenhausen. Nur wenige Ämter machen sich die Mühe ähnlicher Hinweise.
Die Behörde holt das Thema aber auch in ihren Alltag: Indem sich die Azubis aktiv an den Recherchen beteiligen, lernen sie, die Implikationen scheinbar unpolitischen Beamten-Handelns zu hinterfragen. Und nun kommt der dritte Schritt: der in die Bevölkerung. Die Forschung hat Auktions-Listen ans Licht gebracht, die das inhumane Vorgehen von Beamten dokumentieren. Auf diesen Listen stehen aber auch Erwerber-Namen – und somit liegt der Ball jetzt mitten auf dem Feld der Bremer Gesellschaft. Aber auch ohne konkrete Anhaltspunkte gilt: Wer weiß schon so genau, welche Geschichte dieses oder jenes ererbte Stück hat? Die Wahrscheinlichkeit, im eigenen Haus – oder in der eigenen Familie – geraubtes Eigentum zu haben, ist nicht zu vernachlässigen.