KOMMENTAR: CATIANA KRAPP ÜBER TAMIFLU-VORRÄTE : Kein Grund für Populismus
Über 900.000 Euro hat Bremen für Tamiflu und Relenza ausgegeben. Bald werden die Vorräte verfallen, ohne zum Einsatz gekommen zu sein. Das wirft kein gutes Licht auf den Senat. Jetzt kritisiert die Linksfraktion auch noch, dass die Grippemittel wohl nichts gebracht hätten.
Aus der Luft gegriffen ist diese Anschuldigung keineswegs. Seit April liegt eine Studie des Wissenschaftler-Netzwerkes Cochrane vor, die die großen Zweifel an der Wirksamkeit von Tamiflu zu belegen sheint. Aufgebaut ist die Studie auf Daten, die Tamiflu-Hersteller Roche schon jahrelang zurück gehalten hatte. Genauer hinterfragt hat der Bremer Senat das 2009 nicht. Doch nicht nur Bremen, und nicht nur Deutschland ignorierten die mangelnde Datenlage. Auch die USA und Großbritannien gaben viele Millionen für die Mittel aus. Man kann Nachlässigkeit, Korruption oder schlicht eine starke Lobbyarbeit hinter dem vermuten. Allerdings gibt es auch andere Einschätzungen: So weist eine internationale Großstudie mit Befunden von über 29.000 PatientInnen nach, dass Tamiflu und Relenza die Sterberate um 20 Prozent senkt.
Für Bremen war die Bevorratung also nachvollziehbar. Die aktuelle Kritik am Medikament ist ein guter Anlass, Herstellerangaben künftig stärker zu hinterfragen – nicht jedoch, um den Ankauf populistisch als Verschwendung anzuprangern.