KOMMENTAR: ANDREAS WYPUTTA ÜBER DEN POKER UM DAS ATOMKRAFTWERK GROHNDE : Krachende Niederlage
Niedersachsens grüner Umweltminister Stefan Wenzel hat hoch gepokert – und haushoch verloren: Am Donnerstagmorgen berichtete die Anti-Atom-Initiative Ostwestfalen-Lippe, bei der Revision des Pannenreaktors sei gepfuscht worden.
Am Donnerstagabend ließ Wenzel mitteilen, sein Haus habe die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Bis zum Abschluss der Ermittlungen werde er dem Wiederanfahren des Meilers nicht zustimmen.
17 Stunden später ist ein kleinlauter Minister zu erleben. Irgendwer muss ihm beigebracht haben, dass nicht die Staatsanwaltschaft, sondern sein Ministerium über das Wiederanfahren entscheidet. Der AKW-Betreiber Eon hat schlicht einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung, wenn Wenzels Fachleute der Atomaufsicht keine stichhaltigen Sicherheitsmängel finden – was sie offenbar nicht können oder wollen.
Weitere zwölf Stunden später ist von Wenzels Widerstand nichts mehr übrig. Es gebe „keinen Grund, die Zustimmung zum Wiederanfahren weiter zurückzustellen. Am späten Freitagabend wurde dem Betreiber die Zustimmung erteilt“, heißt es aus dem Umweltministerium. Am Samstagabend ist der Reaktor wieder am Netz – nicht einmal 24 Stunden später als geplant.
Diese Chronik einer krachenden Niederlage zeigt Wenzels Unsicherheit. Es kann sein, dass er seinen – vom FDP-Vorgänger übernommenen – Fachleuten misstraut. Anders ist kaum zu erklären, warum er Informationen von Anti-Atom-Aktivisten, die das Kraftwerksgelände nicht betreten dürfen, mehr Gewicht beimisst als seinen Ministerialen, die den Reaktor angeblich persönlich überwachen. Sollte das so sein, muss er seine Atomaufsicht neu besetzen.
Tut er dies nicht, bleibt eine zweite Erklärung: Wenzel glaubt, dass seine Stellung in Partei und Bewegung wackelt – und hat den aufrechten Kämpfer gegen die Atomkraft für paar Stunden nur gespielt. Vertrauenserweckend wäre auch das nicht.
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