KLONVERBOT DES ETHIKRATES: WEDER GLAUBWÜRDIG NOCH PRINZIPIENFEST : Ein Gremium sorgt sich um sich selbst
Wahrscheinlich brauchten sie die Sommerpause. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Nationale Ethikrat erst gestern zu der gemeinsamen Stellungnahme zum Klonen kam, die ursprünglich für Ende August geplant war? Viel hat sich seitdem nicht verändert – keine Meldungen über klonende Ufo-Sekten, keine fraglichen Durchbrüche der Forscher. Umso überraschender, dass der Ethikrat sich darauf verständigt hat, das Forschungsklonen in Deutschland gegenwärtig nicht zuzulassen.
Das ist zwar erfreulich, denn die Aufteilung des Klonens in eine verwerfliche (das reproduktive) und eine förderungswürdige Variante (das für Forschung) stand von Anfang an auf tönernen Füßen. Schließlich sind die Techniken identisch und unterscheiden sich allein durch den Umgang mit dem „Produkt“ Embryo. Aufschlussreich sind aber die Gewichtungen der Stellungnahme. Die „gemeinsame Empfehlung“ besteht aus einem Satz, auf den übrigen 70 Seiten werden die Positionen der Ethikratsmitglieder geschildert. Deren Haltung war schon im August erkennbar: Für ein generelles Verbot plädieren fünf Mitglieder, für ein Verbot im Augenblick fünf weitere. Die Mehrheit der Unterzeichner spricht sich für die begrenzte Zulassung des Forschungsklonens aus.
Im August hatte es massive Kritik gegeben, weil das gemeinsame Ergebnis des Rates seinerzeit war, dass man sich auf kein gemeinsames Ergebnis einigen konnte. Sofort wurde gemutmaßt, dass sich der Ethikrat mit seiner Vielstimmigkeit selbst schwächte. Dem drohenden Bedeutungsverlust sind die Nationalethiker nun entgegengetreten. Es ist schon erstaunlich, wie innerhalb weniger Tage aus einer Pro-Mehrheit ein einstimmiges Kontra geworden ist – und das, obwohl innerhalb des Gremiums die Pro-Stimmen überwiegen. Verstehe einer diese Ethiker: Sie sind dafür und sprechen sich trotzdem dagegen aus. Wenn der Ethikrat hauptsächlich aus Sorge um seinen Ruf so entschieden hat, wirkt das weder glaubwürdig noch prinzipienfest. Inhaltliche Gründe gegen das Forschungsklonen gibt es wahrlich genug. WERNER BARTENS
Der Autor ist Arzt und Redakteur der „Badischen Zeitung“