KEIN SOMMERNACHTSTRAUM : Yvonne, die Herzlose
Ein Monolog für alle, die glauben, trauriger als die eigenen Großstadtbeziehungen ginge es nun wirklich nicht mehr. Der Ort: die Schlange vor dem Monbijou-Theater. Die Zeit: 21.30 Uhr, kurz vor dem Einlass. Die Mitwirkenden: Er und sie, beide um die 50, hinter mir in der Schlange. Im Hintergrund hört man leise einen Tango von der Tanzbar am Strand gegenüber des Bode-Museums.
Er: Yvonne?
Sie: tippt auf ihrem Smartphone herum
Er: Warum bist du denn so? (Pause) Können wir nicht Freunde bleiben, Yvonne? Sag mir doch wenigstens, was ich falsch gemacht habe.
Sie: tippt weiter.
Er: (flehend) Wir hatten doch ein Jahr lang eine schöne Zeit. Ich habe immer das gemacht, was du wolltest. Das musst du doch anerkennen. (Pause) Und jetzt schreibst du da Text-Messages. Das hätte ich nie von dir gedacht. Dass du jemanden so brutal aus deinem Leben wegschicken würdest. Wir haben doch gemeinsam etwas gehabt. Wir wollten eine Familie gründen. Jetzt haben wir sieben Wochen lang nicht gesprochen. Ich habe dir doch so schöne Karten aus Spanien geschickt.
Sie: keine Reaktion, sturer Blick aufs Smartphone.
Er: Mit deinem Bruder bleibe ich in Kontakt. Mit deiner Mutter auch. (Er berührt sie sanft am Arm. Sie wendet sich ab.) Das mit Sebastian kann doch nichts werden.
Sie: Das Smartphone bleibt der Mittelpunkt ihrer Welt.
Er: Ich weiß, ich habe geklammert. Aber muss du mich jetzt so bestrafen? Mit mir kann man doch reden.
Es geht noch eine Viertelstunde so weiter. Er fleht, sie tippt. Dann wird das Publikum eingelassen. Yvonne rennt plötzlich weg, er folgt ihr. Später, in der Vorstellung vom Sommernachtstraum, geht sie in der Pause. Er bleibt bis zum Schluss.
TILMAN BAUMGÄRTEL