KANADA: DAS „BESSERE AMERIKA“ VERSCHWINDET VON DER LANDKARTE : Harmonisierung an der US-Nordgrenze
Kanada rückt nach rechts – und damit auf einen deutlich US-freundlicheren Kurs. Denn die KanadierInnen haben die unrühmlichen Liberalen aus der Regierung abgewählt. Was nun unter dem Konservativen Stephen Harper zu erwarten ist, darf das Herz der Bush-Administration wieder erwärmen, war ihr doch der besserwisserische Nachbar im Norden ein Dorn im Auge.
Denn im vergangenen Jahrzehnt symbolisierte die gemeinsame, fast 9.000 Kilometer lange Grenze eher eine Trennlinie statt eine Region der gemeinsamen Verantwortung. Zwar arbeiten Kanada und die USA in vielen Bereichen zusammen, doch löste Ottawa mit seiner Ablehnung des „Kriegs gegen den Terror“ nach dem 11. September 2001 stets neue Reibungen mit Washington aus – bis hin zum deutlichen Knirschen zu Beginn der Irak-Invasion durch US-Präsident George Bush.
Der neue Premier Harper wird nun recht bald die Hand nach Washington ausstrecken. Ob es dann tatsächlich, wie von Washington heiß gewünscht, zu einer kanadischen Beteiligung am US-amerikanischen Raketenprogramm kommt, wird davon abhängen, wie gut sich Harper gegen seine Opposition durchsetzen kann; in der Außenpolitik hat der kanadische Premier freie Hand, nicht aber bei Budgetfragen. Näher rücken werden die Nachbarn auch bei der inneren Sicherheit. Die von Bush ohne Unterlass thematisierte und instrumentalisierte Bedrohung des Kontinents durch Terroristen wird nun in Ottawa ihr Echo finden.
Als unwahrscheinlich gilt hingegen, dass es den kanadischen Konservativen nach Vorbild der Republikaner in den USA gelingen wird, die Verteufelung von Abtreibung und Homoehe hoffähig zu machen. Hierzu fehlt es den nördlichen Nachbarn schlichtweg an christlicher Inbrunst. Unklar ist auch, ob sich an der Umwelt- und Klimapolitik etwas ändert – hier bot Kanada den USA bislang standhaft Paroli. Kanada war bisher das Vorbild all jener US-BürgerInnen, die am ignoranten Bush-Kurs verzweifeln. Als ideell aufgeladenes „besseres Amerika“ wird es nun aber wohl von der Landkarte verschwinden. ADRIENNE WOLTERSDORF